Silvia Amati Sas wurde in Buenos Aires geboren, als Tochter argentinischer Eltern mit jüdisch-ukrainischen Vorfahren. Ihre Mutter war Lehrerin und ihr Vater Kinderarzt. Sie selbst studierte Medizin, promovierte 1956 an der Universität Buenos Aires und absolvierte anschließend eine Facharztausbildung in Kinderheilkunde.
1957 heiratete sie den italienischen Physiker Daniele Amati (*1931), ging mit ihm nach Rom und setzte dort ihre Ausbildung an dem von Giovanni Bollea gegründeten Institut für Kinderneuropsychiatrie fort. 1959 zog sie nach Genf, wo ihr Mann eine Stelle bei der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN antrat. Silvia Amati Sas erwarb in Genf ihren Abschluss als Kinderpsychiaterin und absolvierte in den 1960er Jahren eine psychoanalytische Ausbildung bei der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). Sie wurde Mitglied und Lehranalytikerin der SGPsa und war als Psychiaterin und Psychoanalytikerin in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen in Genf tätig, u. a. beim Service médico-pédagogique. 1993 übersiedelte sie nach Italien und eröffnete in Triest eine psychoanalytische Praxis. Sie wurde Mitglied der Società Psicoanalitica Italiana und war von 2005 bis 2013 Präsidentin der Europäischen Assoziation für transkulturelle Gruppenanalyse (EATGA).
Zu Amati Sas' Schwerpunkten zählen Transsubjektivität, Scham, Transkulturalität und soziale Gewalt. Ihr besonderes Interesse gilt der Arbeit mit traumatisierten Opfern von Gewalt in totalitären Systemen. In diesem Zusammenhang greift sie auf das theoretische Konzept der "Regression auf die Ambiguität" des argentinischen Psychoanalytikers José Bleger zurück. Ambiguität verwischt Bedeutungen und führt zu Realitätsverlust und einer Entgrenzung zwischen dem Ich und der Außenwelt. Es handelt sich hier um eine Form der Angstabwehr durch undifferenzierte "Anpassung an alles und jedes", die das psychische Überleben in solchen Extremsituationen ermöglicht. (Artikelanfang)
Esther Aptekman(n) stammte aus einer jüdischen Familie in Ekaterinoslaw in Süd-Russland (heute Ukraine). Nach dem Abitur am Podol-Kiewschen Gymnasium begann sie 1903 ein Medizinstudium in Bern, das sie ab 1906 in Zürich fortsetzte. 1910 machte sie ein Praktikum als Volontärärztin an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli. Sie schloss sich der 1907 ins Leben gerufenen Gesellschaft für Freudsche Forschungen um Eugen Bleuler und Carl Gustav Jung an, bei dem sie auch in Analyse war.
1911 promovierte sie bei Bleuler mit einer von C. G. Jung betreuten Arbeit mit dem Thema Experimentelle Beiträge zur Psychologie des psychogalvanischen Phänomens. Dabei ging es ihr insbesondere um die Frage, ob in den Assoziationsexperimenten das Geschlecht des Experimentators einen nachweisbaren Einfluss auf Reaktionszeit und galvanischen Ausschlag hat. Die Versuche, die sie gemeinsam mit Jung durchführte, ergaben eine größere affektive Wirkung des männlichen Experimentators.
Nach Abschluss ihres Studiums kehrte Esther Aptekmann nach Russland zurück und arbeitete in einem psychiatrischen Krankenhaus in der Nähe von Cherson in der südrussischen Provinz (heute Ukraine).
Danielle Bazzi wurde in Wien geboren und wuchs in Luzern auf. Sie studierte Ethnologie, Volkskunde, Philosophie und Soziologie in Wien und Zürich, wo sie 1977 ihr Staatsexamen ablegte. Ihre Abschlussarbeit schrieb sie über Kleinkinderziehung bei den Bahluli, einem ostpersischen Stamm. 1975 begann sie eine psychoanalytische Ausbildung bei der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). 1977 wurde sie Teilnehmerin des neugegründeten, von der SGPsa unabhängigen Psychoanalytischen Seminars Zürich, wo sie bis heute als Dozentin und Supervisorin tätig ist. Seit 1978 führt sie eine psychoanalytische Praxis in Zürich. Nach einer Ausbildung bei Armando Bauleo von 1981 bis 1985 arbeitet sie auch als Koordinatorin für Operative Gruppen.
Danielle Bazzi war zwanzig Jahre lang Mitarbeiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Frauen in Zürich. Sie baute den Bereich Ethnopädagogik an der Universität Zürich auf und war von 1977 bis 1988 Assistentin und Lehrbeauftragte für Ethnologie an den Universitäten Zürich und Bern. 1992 promovierte sie in Zürich über Das Schweinetauschsystem "tee" der Enga im westlichen Hochland von Papua-Neuguinea. Für die Ethnologin und Psychoanalytikerin bietet die Psychoanalyse den besten Zugang zum Verständnis fremder Lebenswelten, vorausgesetzt, gesellschaftliche Bedingungen werden in die Analyse einbezogen.
Neben Tauschsystemen und Ritualen bildet das Thema der Migration einen Schwerpunkt ihrer Veröffentlichungen. Danielle Bazzi ist Supervisorin beim Psychosozialen Dienst der Asyl-Organisation Zürich, der Nachfolgeorganisation des Ethnologisch-Psychologischen Zentrums für psychisch kranke Asylsuchende (EPZ), wo sie von 1993 bis 2002 als Gruppenkoordinatorin tätig war. Die Arbeit im EPZ beschrieb Bazzi als ein aufnehmend-veränderndes Verstehen, indem die Betreuer:innen sich als Behälter für Übertragungen seitens der Migranten anboten. Mit Hilfe der Deutung unbewusster Übertragungs- und Gegenübertragungsgefühle in der Supervision entstand ein "Raum, worin eigenes Fremdes fremdem Fremdem begegnen konnte" (Bazzi). Seit einigen Jahren gilt ihr Interesse auch dem Thema des "analytischen Feldes", wie es von Antonino Ferro konzipiert worden ist. Ein Buch von ihr zur Geschichte der Feldtheorie ist in Vorbereitung.
Danielle Bazzi ist außerdem ausgebildete Mezzosopranistin. (Artikelanfang)
Die in Zürich geborene Rosmarie Berna-Glantz absolvierte zunächst in Neuchâtel eine Lehrerinnen-Ausbildung. Nach der Matura 1951 studierte sie Romanistik an der Universität Zürich und legte dort 1958 ihre Doktorprüfung ab. Ihre Dissertation trug den Titel Die menschlichen Beziehungen im Werke von Georges Bernanos. Von 1962 bis 1966 ließ sie sich am Stuttgarter Institut für Psychotherapie und Tiefenpsychologie zur Psychagogin (Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin) ausbilden. 1971 gehörte sie zu der Gruppe um Wolfgang Loch, die ein eigenes Institut ins Leben rief, die Psychoanalytische Arbeitsgemeinschaft Stuttgart-Tübingen der DPV.
Rosemarie Glantz absolvierte eine zweite Ausbildung bei der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa) in Zürich und eröffnete dort eine psychoanalytische Privatpraxis für Kinder und Erwachsene. Nach der Trennung von ihrem ersten Mann, dem Schweizer Psychoanalytiker Theo Glantz (1928-1996), heiratete sie 1975 den Schweizer Kinderanalytiker Jacques Berna (1911-2000), den früheren Ehemann von Ada Berna. Als sich 1977 das Psychoanalytische Seminar Zürich von der SGPsa abspaltete, zählte sie zu den in der SGPsa verbliebenen Mitgliedern, die das Ausbildungszentrum Zürich der SGPsa gündeten, das 1987 in Freud-Institut Zürich umbenannt wurde. Rosmarie Berna-Glantz wurde nach Martha Eicke Leiterin des Unterrichtsausschusses am Freud-Institut, dessen Präsidentin sie von 1985 bis 1988 war. 1985 gründete sie zusammen mit Han Groen-Prakken und Sibylle Drews die Zeitschrift für Psychoanalytische Theorie und Praxis.
Rosemarie Berna-Glantz war zuletzt Ehrenmitglied der SGPsa und der DPV. Sie lebte in Thalwil in der Schweiz und gehörte der Theresianischen Karmel-Gemeinde in Birkenwerder bei Berlin an, wo sie als Psychotherapeutin, seelsorgerische Begleiterin und Exerzitienleiterin tätig war. (Artikelanfang)
Elsa (Els) Alide (Aliiene) Sapas stammte aus Vana-Kariste (Kreis Viljandi) in Estland, wo ihr Vater Peeter Sapas einen Gutshof besaß. Ihre Mutter Tina Catharina geb. Hunt starb, als sie zehn Jahre alt war. Elsa Sapas besuchte das russische Mädchengymnasium im livländischen Walk und ging 1913 in die Schweiz, um an der Universität Zürich Medizin zu studieren. Hier lernte sie ihren späteren Mann kennen, den in Bruchsal geborenen Ernst Blum (1892-1981), der wie sie eine neurologisch-psychiatrische Ausbildung absolvierte. Elsa Sapas spezialisierte sich in der Psychiatrie bei Eugen Bleuler am Burghölzli und promovierte bei ihm 1919 über das Thema Zeichnerische Reproduktionen einfacher Figuren durch Geisteskranke.
1922 gingen Ernst Blum und Elsa Sapas zur psychoanalytischen Ausbildung nach Wien. Ernst Blum ließ sich von Sigmund Freud analysieren, Elsa Sapas von Otto Rank. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz heirateten sie 1923 und ließen sich in Bern nieder. Aus ihrer Ehe gingen drei Töchter hervor: Alma, Ingrid und Ilme. Elsa Blum-Sapas wurde Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse und gehörte wie ihr Mann zu der ersten, 1923 in Bern gegründeten psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft, die jedoch 1928 wieder auseinanderbrach.
Während eines Aufenthalts in ihrer estnischen Heimat wurden Elsa Blum-Sapas und ihre Töchter 1940 festgenommen und nach Sibirien deportiert. In der Folge des Hitler-Stalin-Pakts hatte die Sowjetunion Estland 1940 annektiert und mit der Deportation estnischer Bürger begonnen, die im Juni 1941 ihren Höhepunkt fand. Während ihre Töchter nach drei Jahren wieder zu ihrem Vater nach Bern zurückkehren konnten, starb Elsa Blum-Sapas 1945 in einem Gulag im Oblast Tomsk. (Artikelanfang)
Marthe Hélène Piaget wurde als jüngste Tochter von Arthur Piaget und Rebecca-Suzanne geb. Jackson in Neuchâtel geboren, wo sie mit ihrer Schwester Madeleine und ihrem Bruder, dem späteren Entwicklungspsychologen Jean Piaget, aufwuchs. Ihr Vater war Professor für romanische Sprachen und Literatur an der Universität Neuchâtel, ihre Mutter Primarlehrerin. Marthe Piaget studierte ebenfalls Sprachen, bevor sie 1925 den aus Chile stammenden Linguisten und späteren Professor für romanische Sprachen und Literatur, André Burger (1896-1985) heiratete. Von ihm stammte ihre Tochter Lise.
Wie Jean Piaget, der seit 1920 Mitglied der Société Suisse de Psychanalyse (SSPsa) war, interessierte sich Marthe Burger-Piaget für die Psychoanalyse. Während ihr Bruder 1936 aus der Schweizerischen Gesellschaft wieder austrat, wurde sie selbst ein aktives Mitglied der SSPsa, nachdem sie in den 1950er Jahren eine Lehranalyse bei Raymond de Saussure absolviert hatte. Marthe Burger-Piaget ergänzte ihre freudianische Ausbildung durch kleinianische Kontrollanalysen und praktizierte als Psychoanalytikerin in Genf. In den 1960er und 1970er Jahren veröffentlichte sie mehrere Fallgeschichten ihrer Patient:innen. Ein Schwerpunkt von ihr war die Psychoanalyse suizidgefährdeter Patienten, bei der sie, abweichend von der klassischen Technik, die Aufhebung der Distanz des Analytikers für notwendig hielt. (Artikelanfang)
Fanny Chalewsky (Feiga Lea Chalievskaja) stammte wie ihre Freundin Sabina Spielrein aus Rostow am Don (Südrussland). Sie besuchte das Gymnasium in Bern und begann anschließend in Bern und Genf ein Medizinstudium, das sie von 1903 bis 1906 in Zürich fortsetzte. 1907 promovierte sie an der Universität Zürich mit einer Dissertation Über 2 Fälle von spontaner Uterusruptur und arbeitete danach als Assistenzärztin an der Schweizerischen Pflegerinnenschule in Zürich.
Über ihren damaligen Verlobten, den Schweizer Arzt Alphonse Maeder (1882-1971), der von 1908 bis 1909 zweiter Assistent an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli war, kam Fanny Chalewsky mit der Psychoanalyse in Berührung. Maeder war Gründungsmitglied der 1907 um Eugen Bleuler und C. G. Jung ins Leben gerufenen Züricher Gesellschaft für Freudsche Forschungen, der sich auch Fanny Chalewsky anschloss. 1909 publizierte sie einen Aufsatz über die Heilung eines hysterischen Bellens durch Psychoanalyse, worin sie den Fall eines 13-jährigen Mädchens beschrieb, das plötzlich an bellendem Husten erkrankt war.
Nach der Trennung von Maeder kehrte sie Anfang 1909 wieder nach Russland zurück. Danach verliert sich ihre Spur. (Artikelanfang)
Mireille Cifali wurde in Le Locle in eine Familie mit hugenottischen Vorfahren geboren und wuchs in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuchâtel auf. Bis 1970 studierte sie Französisch, Geschichte und Philosophie in Neuchâtel, danach bis 1976 Eriehungswissenschaften in Genf. 1979 promovierte sie bei Michel de Certeau in Genf mit der Arbeit Eléments pour une démarche psychanalytique dans le champ éducatif. Ihre Universitätskarriere begann sie 1973 als Assistentin an der Faculté de psychologie et des sciences de l'éducation der Universität Genf, wo sie als Professorin von 1986 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2010 lehrte.
Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt Mireille Cifali von 1979 bis 1988 in Paris und Genf. Zwischen 1975 und 1984 absolvierte sie in Paris eine Lehranalyse bei dem Lacanianer Pierre Thèves. Danach arbeitete sie bis 1995 als Psychoanalytikerin vor allem mit Klient:innen aus pädagogischen und therapeutischen Berufen. 1981 gründete sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Mario Cifali die Genfer Zeitschrift Le Bloc-Notes de la psychanalyse, die sie bis 1986 mitherausgab. Sie war Mitgründerin der Société internationale d'histoire de la psychiatrie et de la psychanalyse (1982) und der Archives Institut Jean-Jacques Rousseau in Genf (1984). Darüber hinaus ist sie Mitglied verschiedener Forschungsinstitutionen, u. a. von Cliopsy (Clinique d'orientation psychanalytique dans le champ de l'éducation et de la formation). Ihr besonderes Interesse gilt dem Verhältnis von Pädagogik und Psychoanalyse sowie der Geschichte der Psychoanalyse in der Schweiz. Ein weiterer Schwerpunkt sind Probleme und Entwicklung der Beziehungsberufe, von denen ihr Buch Préserver un lien. Ethique des métiers de la relation handelt.
Mireille Cifali lebt in Genf und ist mit Estref Bega (*1944), dem Direktor des albanischen Botimpex-Verlags, verheiratet. (Artikelanfang)
Die in Berlin geborene Bankierstochter Ruth Charlotte Hirschfeld wuchs in einem assimilierten jüdischen Elternhaus auf. Sie studierte von 1931 bis 1932 Nationalökonomie und Psychologie in Heidelberg und Berlin, bevor sie 1933 mit ihrem späteren Ehemann, dem Psychiater Hans Helmut Cohn, in die Schweiz emigrierte.
In Zürich setzte sie ihr Psychologiestudium fort und absolvierte gleichzeitig zwischen 1933 und 1939 eine psychoanalytische Ausbildung bei der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse. Ihr Lehranalytiker war zunächst Hans Behn-Eschenburg und nach dessen Tod von 1934 bis 1939 der Daseinsanalytiker Medard Boss; Kontrollanalytiker war Gustav Bally. 1938 heiratete sie Hans Cohn, mit dem sie zwei Kinder, Heidi und Peter, hatte.
1941 emigrierten die Cohns in die USA und ließen sich in New York nieder. Ruth Cohn machte 1941/42 eine Lehrerinnenausbildung an der progressiven Bankstreet School, studierte danach Psychotherapie am William Alanson White Institute und schloss 1944 an der Columbia University ihr Psychologiestudium ab. 1946 eröffnete sie eine eigene psychoanalytische Praxis in New York. In den folgenden Jahren beteiligte sie sich am Aufbau der National Psychological Association for Psychoanalysis, die Theodor Reik 1948 als Reaktion auf den Ausschluss von nichtärztlichen "Laienanalytikern" aus der New York Psychoanalytic Society gegründet hatte. Nach der Scheidung 1946 von ihrem ersten Mann heiratete Ruth Cohn 1950 den Psychologen Gus Woltmann (1904-1975); die Ehe wurde 1962 wieder geschieden
In ihrem weiteren Werdegang entfernte sich Ruth C. Cohn von der klassischen Psychoanalyse hin zur Humanistischen Psychologie. Von 1948 bis 1951 absolvierte sie eine Ausbildung in Gruppentherapie, die sie dann von 1957 bis 1973 am Center for Psychotherapy und Mental Health lehrte. Seit 1961 war sie Mitglied der American Academy of Psychotherapists. Im Anschluss an eine Zusatzausbildung in Gestalttherapie bei Fritz Perls gründete Ruth Cohn 1966 in New York und 1972 in der Schweiz das Workshop Institute for Living Learning als Weiterbildungs- und Forschungsinstitut für Themenzentrierte Interaktion (TZI).
Mit der TZI schuf Ruth Cohn ein Konzept für die aufgabenorientierte Zusammenarbeit eines Teams bzw. einer Gruppe. Mithilfe bestimmter Regeln soll dabei eine dynamische Balance zwischen den Aspekten des Einzelnen, der Gruppe und deren Aufgabe sowie der Außenwelt hergestellt werden. Grundlagen der TZI bilden u. a. Ansätze der Körpertherapie Wilhelm Reichs, der Gestaltarbeit nach Fritz Perls, der interpersonalen Psychiatrie von Harry Stack Sullivan, der Familientherapie Virginia Satirs und vor allem der ganzheitlichen, am Hier und Jetzt orientierten Erlebnistherapie nach Carl Whitaker und John Warkentin.
1974 kehrte Ruth Cohn nach Europa zurück, wo sie bis 2002 in Hasliberg-Goldern in der Schweiz als Psychotherapeutin sowie als TZI-Lehrerin und -Beraterin tätig war. Sie starb 97-jährig in Düsseldorf. (Artikelanfang)
Louisa (Lorraine) Sechehaye-Düss ist vor allem als Patientin "Renée" von Marguerite Sechehaye bekannt geworden. Seit ihrer Kindheit litt sie aufgrund einer zerstörerischen Mutter-Tochter-Beziehung unter zunehmenden Irrealitätsgefühlen. Im Alter von 18 Jahren kam sie nach einer vierjährigen psychiatrischen Odyssee mit der Diagnose Schizophrenie zu Marguerite Sechehaye in psychoanalytische Therapie. Diese behandelte sie mithilfe der von ihr entwickelten Methode der "symbolischen Wunscherfüllung", und im Laufe einer zehnjährigen Therapie gelang ihr die Heilung "Renées". Anschließend wurde Louisa Düss von ihrer Analytikerin-Mutter adoptiert und beschloss, selbst Psychoanalytikerin zu werden. Gemeinsam veröffentlichten sie 1950 das Journal d'une schizophrène [Tagebuch einer Schizophrenen], das die Selbstbeobachtungen "Renées" wie auch die Interpretation ihrer Analytikerin enthält.
Während ihrer Tätigkeit bei der von André Repond und Germaine Guex in Malévoz (Wallis) eingerichteten medizinisch-psychologischen Beratungsstelle für Kinder und Erziehende entwickelte Louisa Düss 1940 die nach ihr benannte Fabelmethode für die Psychoanalyse von Kindern. Der Düss-Fabeltest ist ein projektives Verfahren zur Untersuchung der psychosexuellen Entwicklung und der Objektbeziehungen. Er besteht aus zehn unvollständigen Geschichten, die das Kind frei zu Ende fabulieren soll. Angesprochen werden Themen wie Autonomie- und Abhängigkeitsprobleme, Geschwisterrivalitäten, ödipale Konflikte, Aggressionen, Schuldgefühle und Ängste. (Artikelanfang)
Martha Spengler wurde in Basel als einziges Kind eines Schweizer Bankiers geboren. Wegen einer angeborenen körperlichen Behinderung musste sie ihre Vorschuljahre im Gips zubringen. Ihr Wunsch war, "Seelenärztin" zu werden, und so begann sie noch während ihrer Schulzeit 1942 eine Analyse bei dem Daseinsanalytiker Gustav Bally. Sie studierte Medizin in Zürich und arbeitete danach als Assistenzärztin in der Abteilung für Kinderpsychiatrie an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli. Als Gast nahm sie an den Sitzungen der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa) teil und führte erste Analysen durch. 1948 lernte sie Alexander Mitscherlich kennen, der sie als Übersetzerin und Rezensentin für die von ihm herausgegebene Zeitschrift Psyche gewann.
1956 heiratete sie den Münchner Psychoanalytiker Dieter Eicke (1926-2004) und zog mit ihm nach Heidelberg, wo sie 1957 Mitarbeiterin an der von Mitscherlich geleiteten psychosomatischen Klinik wurde. Zusammen mit ihrem Mann ging sie 1959 nach London, um eine zweijährige Analyse bei Paula Heimann zu machen und Seminare der British Psychoanalytical Society zu besuchen. Wieder zurück in Heidelberg wurde sie 1962 außerordentliches Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung.
Als Mutter von drei Kindern war sie zunächst nur eingeschränkt berufstätig. Nach ihrer Scheidung von Dieter Eicke kehrte sie 1967 mit ihren Kindern nach Zürich zurück und eröffnete dort eine Privatpraxis. Sie wurde ordentliches Mitglied der SGPsa und lehrte seit 1968 am Psychoanalytischen Seminar Zürich (PSZ). Zu ihren Schwerpunkten zählten Fragen der Weiblichkeit und die psychoanalytische Theorie der Depression.
Als die SGPsa 1977 dem PSZ die Anerkennung als Ausbildungsinstitut entzog und es zum Bruch mit den "Linken" Paul Parin, Goldy Parin-Matthèy, Fritz Morgenthaler und anderen kam, übernahm Martha Eicke die Leitung im Unterrichtsausschuss der SGPsa. Neben ihrer Praxis als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie war sie bis zu ihrer Emeritierung als Lehranalytikerin und Supervisorin am Ausbildungsinstitut der SGPsa, dem späteren Freud-Institut Zürich, tätig. (Artikelanfang)
Die in St. Petersburg geborene, aus einer baltendeutschen Familie stammende Sophie (Sofia) Erismann Hasse zählt zu den ersten Frauen der psychoanalytischen Bewegung. Sophie Hasse, deren Vater Jakob Anton Hasse Fabrikant war, begann ihr Medizinstudium 1872 in Zürich, wechselte ein Jahr später nach Bern, wo sie 1876 als eine ersten russischen Studentinnen zum Dr. med. promovierte.
Anschließend kehrte sie nach Russland zurück und heiratete 1884 den Schweizer Arzt Friedrich Huldreich Erismann (1842-1915). Dieser war 1869 mit seiner ersten Ehefrau, der Frauenärztin Nadeschda Suslowa, nach St. Petersburg gezogen, wo er als Augenarzt praktizierte, bis er 1882 auf den Lehrstuhl für Hygiene an der Moskauer Universität berufen wurde. Erismanns erste Ehe wurde 1883 geschieden. Im gleichen Jahr kam Theodor Paul Erismann als erstes der drei Kinder von Sophie und Friedrich Erismann zur Welt, er wurde später ein bekannter Psychologe. Ihre 1890 geborene Tochter Wera Erismann war Psychiaterin und Malerin.
Nachdem Friedrich Erismann in Moskau mit revolutionären Studenten sympathisiert hatte, wurde er 1896 entlassen. Die Familie emigrierte in die Schweiz und ließ sich in Zürich nieder, wo Sophie Erismann als Psychiaterin an der von Eugen Bleuler geleiteten Kantonalen Irrenanstalt Burghölzli arbeitete. Sie nahm an den Sitzungen der 1907 von C. G. Jung und Bleuler gegründeten Gesellschaft für Freudsche Forschungen teil und besuchte die ersten internationalen Kongresse der psychoanalytischen Bewegung 1908 in Salzburg und 1910 in Nürnberg. 1910, im Entstehungsjahr der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV), gehörte sie mit C. G. Jung, Ludwig Binswanger, Oskar Pfister, Frieda Kaiser und anderen zu den Gründungsmitgliedern der Züricher psychoanalytischen Ortsgruppe der IPV. 1914, nach dem Bruch zwischen Jung und Sigmund Freud, löste sich diese Gruppe wieder auf. Sophie Erismann lebte weiterhin in Zürich, wo sie 1925 starb. (Artikelanfang)
Emma Fürst wurde in Bassersdorf im Kanton Zürich geboren, als Tochter des Lehrers Johann Fürst und seiner Frau Emma geb. Hubmann. Sie besuchte die Töchterschule in Zürich und studierte von 1897 bis 1903 in Zürich und Bern Medizin. Anschließend arbeitete sie in Zürich als Assistenzärztin an der von Anna Heer geleiteten Schweizerischen Pflegerinnenschule. 1905 wurde sie zur Assistenzärztin an der Kantonalen Irrenheilanstalt Burghölzli ernannt - neben Carl Gustav Jung und Karl Abraham.
Emma Fürst beteiligte sich an den Assoziationsstudien C. G. Jungs und promovierte 1907 an der Universität Zürich mit einer Dissertation über Statistische Untersuchungen über Wortassoziationen und über familiäre Übereinstimmung im Reaktionstypus bei Ungebildeten. Ihre Frage war, welche Assoziationen im Bereich des Normalen hauptsächlich vorkommen und welchen Einfluss dabei Geschlecht, Alter, Bildung und Familie haben. In der von ihr untersuchten Gruppe ungebildeter Versuchspersonen stellte sie ein Vorherrschen von Assoziationen des Prädikattypus fest, der sich durch ein starkes Gefühlsmoment auszeichnet. Dabei verzeichnete sie eine größere Ähnlichkeit der Assoziationen verwandter Frauen als verwandter Männer.
Danach arbeitete sie vermutlich als Assistenzärztin in Wil, zog Ende 1907 nach Schaffhausen und war dort als Frauen- und Nervenärztin tätig. Von 1908 bis 1910 war Emma Fürst die erste psychoanalytisch geprägte Assistenzärztin in der von Hans Bertschinger geleiteten Irrenanstalt Breitenau im Kanton Schaffhausen. Das Jahr 1911 verbrachte sie bis Oktober bei Karl Abraham in Berlin, bevor sie nach Zürich zurückkehrte und eine psychoanalytische Praxis eröffnete.
1912 trat sie der Ortsgruppe Zürich der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung bei und blieb dort Mitglied, bis sich die Gruppe 1914 auflöste. Außerdem war sie Mitglied der von Franz Riklin präsidierten Gesellschaft für psychoanalytische Bestrebungen und des 1916 von C. G. Jung gegründeten Psychologischen Clubs Zürich. Emma Fürst blieb aber der Freudschen Psychoanalyse treu und zählte 1919 zu den Gründungsmitgliedern der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse, der sie bis an ihr Lebensende angehörte.
1935 baute Emma Fürst gemeinsam mit ihrem ebenfalls unverheiratet gebliebenen jüngeren Bruder Paul Fürst ein Haus in Zollikon, wo sie ihre letzten Jahre verbrachte. (Artikelanfang)
Die aus einer russisch-jüdischen Familie stammende Scheina (Jenny) Grebelskaja wurde in Deraschnja im Gouvernement Podolien (Ukraine) als Tochter von Samuel Grebelsky geboren. Sie besuchte das Gymnasium in Litin und ging dann Ende 1906 nach Zürich. Nachdem sie die Aufnahmeprüfung in Deutsch, Latein und Naturgeschichte bestanden hatte, konnte sie sich im Wintersemester 1907/08 für Medizin immatrikulieren. Scheina Grebelskaja studierte bei Eugen Bleuler und C. G. Jung und arbeitete während der Sommermonate als Unterassistentin an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli.
1912 promovierte sie unter der Anleitung von Carl Gustav Jung mit einer Dissertation über die Psychologische Analyse eines Paranoiden. In dieser von Viktor Tausk sehr positiv beurteilten Arbeit behandelte sie die Homosexualität eines paranoiden Schizophrenen und bestätigte mit ihrer Fallgeschichte Sigmund Freuds These, dass zwischen Verfolgungswahn und verdrängten homosexuellen Wünschen eine Verbindung besteht.
Scheina Grebelskaja kehrte 1912 im Anschluss an ihre Promotion nach Russland zurück, wo sie als Gynäkologin in einem Krankenhaus in Odessa arbeitete. Ob sich ihr Wunsch nach einer Familiengründung erfüllt hat, ist nicht bekannt. (Artikelanfang)
Germaine Guex wurde in Arcachon in Frankreich geboren. Ihr Vater Georges Guex war ein aus der Schweiz stammender protestantischer Pfarrer. Ihre Mutter Hélène geb. Millet war Französin, sie starb bereits früh. Mit siebzehn Jahren zog Germaine Guex zu ihrer Tante in die Schweiz und studierte bis 1923 Pädagogik und Psychologie am Institut Jean-Jacques Rousseau in Genf. Nach ihrem Diplom war sie bis 1930 als Assistentin Jean Piagets im Psychologie-Labor des Instituts tätig. In dieser Zeit machte sie auch eine Lehranalyse bei Raymond de Saussure und wurde Mitglied und Lehranalytikerin der Société Suisse de Psychanalyse.
1930 übersiedelte Germaine Guex ins Wallis, um an der von André Répond geleiteten Psychiatrischen Klinik von Malévoz zu arbeiten. Sie richtete dort den medizinisch-pädagogischen Dienst Service médico-pédagogique valaisan ein, eine psychoanalytisch orientierte Beratungsstelle für Kinder und Erziehende, die vorbildlich für ähnliche Institutionen in der Schweiz und in Frankreich wurde. Als sie drei Jahre später an Tuberkulose erkrankte, musste sie diese Arbeit aufgeben.
Sie ließ sich als frei praktizierende Psychoanalytikerin in Lausanne nieder. Hier begegnete sie dem Schweizer Psychoanalytiker Charles Odier (1886-1954), der sich von seiner Frau Ilse Odier trennte und bis zu seinem Tod Guex' Lebensgefährte war. Odier war einer der Gründer der Société Psychanalytique de Paris, deren Mitglied Germaine Guex 1935 wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg lehrte sie an dem von Raymond de Saussure in Genf eingerichteten Centre romand d'enseignement psychanalytique.
Germaine Guex leistete einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Borderline-Persönlichkeitsstörung, indem sie den Begriff der "névrose d'abandon", Verlassenheitsneurose, einführte, eine psychische Störung ohne eindeutige Symptomatik, bei der Verlassenheitsangst und Sicherheitsbedürfnis vorherrschen. Ihre Ursache liegt vor dem ödipalen Entwicklungsstadium, d. h. der "abandonnique" bleibt mit seinen ausgeprägten prägenitalen Fixierungen diesseits des Ödipus, der für ihn eine Bedrohung seiner Sicherheit darstellt. Die Problematik und Behandlung solcher Patienten beschrieb Germaine Guex in ihrem 1950 erschienenen Buch La névrose d'abandon, das 1973 unter dem Titel Le syndrome d'abandon neuaufgelegt wurde. (Artikelanfang)
Die Ethnopsychoanalytikerin Ursula Hauser wurde in Zürich als Tochter des Kilchberger Gemeindeschreibers und einer Handarbeitslehrerin geboren. Nach dem Lehrerinnendiplom 1976 studierte sie von 1969 bis 1974 Psychologie an der Universität Zürich. In der gleichen Zeit machte sie eine psychoanalytische Ausbildung am Psychoanalytischen Seminar Zürich, wo sie ein tonangebendes Mitglied der marxistischen Gruppe "Plattform" war. Ihre Lehranalytikerin war Goldy Parin-Matthéy. In den 1970er Jahren folgten Ausbildungen in den gruppentherapeutischen Techniken Psychodrama und operative Gruppe. Von 1974 bis 1980 betrieb sie zusammen mit Emilio Modena eine psychoanalytische Praxis in Zürich und arbeitete als Gruppentherapeutin und Supervisorin in verschiedenen Institutionen in der Schweiz.
1980 verließ Ursula Hauser die Schweiz und ist seitdem als Psychoanalytikerin, Gruppentherapeutin, Hochschuldozentin und Ausbilderin in Nicaragua, Costa Rica, El Salvador, Bolivien, Palästina, Mexiko, Kuba und Uruguay tätig gewesen. Sie arbeitete mit Frauen- und Nichtregierungsorganisationen (NGO) zusammen, leitete Psychodramagruppen in Flüchtlingslagern und Armenvierteln und bildete Ärztinnen, Krankenschwestern, Psycholog:innen und Sozialarbeiter in dieser Methode aus. 1994 promovierte sie mit einer Dissertation über ihre Arbeit mit nicaraguanischen Frauen während der sandinistischen Revolution. Um traumatisierten Opfern von politischer und sexueller Gewalt zu helfen, kombiniert Ursula Hauser Ethnopsychoanalyse und Psychodrama: Während die Psychoanalyse auf sprachliche Fähigkeiten angewiesen ist, setzt das Psychodrama auf Körperarbeit und Inszenierung.
In Nicaragua lernte Ursula Hauser 1981 ihren Mann Antonio Grieco (1931?-1996) kennen, einen Ingenieur aus Uruguay, Tupamaro und Weggefährte Che Guevaras. Sie zog mit ihm Ende der 1980er Jahre nach Costa Rica und ließ sich in San José als Psychoanalytikerin nieder. 1989 gründete sie die Asociación de psicoanálisis y psícologia social und deren Zeitschrift Giros de ASPAS, 1999 das Instituto costarricense de psicodrama psicoanalitico, und 2002 war sie Mitbegründerin des Centro de Estudios psicoanaliticos. 2014 wurde sie für ihr Lebenswerk von der Schweizerischen Gesellschaft für Angewandte Psychologie ausgezeichnet. Zur Zeit arbeitet Ursula Hauser, die heute in Montevideo und in Oberhofen am Thunersee lebt, an einem Projekt zur Aufarbeitung der Spuren der lateinamerikanischen Diktaturen in der dritten Generation. (Artikelanfang)
Gertrud Rahel Fromm, die Tochter des Rechtsanwalts Emmanuel Fromm und Clara geb. Schott, wurde wie ihr Cousin, der Psychoanalytiker Erich Fromm, in Frankfurt am Main geboren. Nach der Machtergreifung Hitlers verließ sie Deutschland und emigrierte in die Schweiz. Ihren Wunsch, Medizin zu studieren, musste sie aufgeben, da ihr deutsches Abitur für dieses Fach nicht anerkannt wurde, stattdessen studierte sie in Lausanne Literatur. Danach arbeitete sie mit Kindern und ließ sich in Zürich zur Kinderpsychotherapeutin ausbilden.
In Zürich absolvierte sie außerdem bei Max Pulver und Oskar Schlag eine Ausbildung in Graphologie und lernte dabei ihren Mann, den Schweizer Maler Max Hunziker (1901-1976), kennen, den sie 1945 heiratete. 1950 war sie Mitgründerin der Schweizerischen Graphologischen Gesellschaft und 1956 der Schweizerischen Gesellschaft der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche. Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt sie während der 1940/1950er Jahre in Zürich, wo sie zu den Teilnehmer:innen des "Kränzli" um Fritz Morgenthaler, Paul Parin und Goldy Parin-Matthey gehörte, aus dem 1958 das Psychoanalytische Seminar Zürich hervorging. Der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse schloss sich Gertrud Hunziker-Fromm, die viele Jahre als Psychoanalytikerin, Psychotherapeutin und Supervisorin tätig war, jedoch nicht an. Einige Veröffentlichungen von ihr gingen aus Vorlesungsreihen hervor, die Gaetano Benedetti in den 1980er Jahren an der Universität Basel ins Leben gerufen hatte. (Artikelanfang)
Frida (auch Frieda) Anna Kaiser wurde in St. Gallen geboren als Tochter von Sophie geb. Zetter und Adolf Kaiser, Rektor der Kantonsschule St. Gallen und späterer Regierungsrat. Sie gehörte zu den ersten Frauen, die in Genf und Bern Medizin studierten. 1905 promovierte sie und ließ sich dann als Kinderärztin in St. Gallen nieder. Die miserablen Bedingungen in der Kinderabteilung des dortigen Kantonsspitals veranlassten sie, mit freiwilligen Helferinnen 1909 ein Säuglingsheim zu gründen, aus dem später das Ostschweizer Kinderspital hervorging. 1910 rief sie den Verein für Säuglingsfürsorge ins Leben und zwei Jahre später die erste Mütterberatungsstelle. Außerdem initiierte sie 1914 die Zentralstelle für Frauenhilfe in St. Gallen und beteiligte sich an der Gründung der schweizerischen Stiftung Pro Juventute.
Frieda Kaiser gehörte mit Carl Gustav Jung, Sophie Erismann, Ludwig Binswanger, Oskar Pfister, Karl Imboden und anderen 1910 zu den Gründungsmitgliedern der Züricher Ortsgruppe der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, an deren Mitglied sie bis 1914 teilnahm. In ihrem 1911/1912 gehaltenen Referat Analyse einer Melancholie trug sie den Fall einer manisch-depressiven 42-jährigen Kinderfrau vor, deren Melancholie von schweren Schuldgefühlen herrührte, während die Manie von Inzestwünschen bestimmt wurde. Auch in der Ärztegesellschaft von St. Gallen hielt Frida Kaiser Vorträge über Psychoanalyse.
1913 heiratete sie Karl Imboden (1880-1941), Psychiater am Kantonsspital St. Gallen, mit dem sie drei Kinder hatte: Gertrude *1914, Max *1915 und Fritz *1920. Die Ehe wurde 1928 wieder geschieden.
Frida Imboden-Kaiser war eine Pionierin auf dem Gebiet der Sozialmedizin zugunsten von Mutter und Kind und der datenbasierten klinischen Forschung. Vor allem durch Aufklärung in der Kinderpflege und einer Kampagne für das Stillen gelang es ihr, die hohe Kindersterblichkeit in der Ostschweiz zu senken. (Artikelanfang)
Emma Jung wurde in Schaffhausen als älteste von zwei Töchtern des reichen Uhrenfabrikanten Johannes Rauschenbach und seiner Frau Bertha Schenk geboren. Ursprünglich wollte sie Naturwissenschaft studieren, was ihr Vater jedoch ablehnte. Stattdessen verbrachte sie 1898/99 ein Jahr in Paris und lernte Französisch, später auch Griechisch, Latein und Mathematik.
Mit siebzehn Jahren traf sie den Psychiater und späteren Freund und Schüler Sigmund Freuds, Carl Gustav Jung (1875-1961), den sie 1903 heiratete. Aus ihrer Ehe gingen vier Mädchen und ein Junge hervor. Trotz C. G. Jungs Beziehungen zu anderen Frauen, insbesondere zu seiner Schülerin Antonia Wolff, hielt die Ehe 52 Jahre lang bis zu Emma Jungs Tod.
Emma Jung interessierte sich ebenfalls für die Psychoanalyse. Sie unterstützte die Arbeit ihres Mannes und machte 1909/10 eine Analyse bei ihm. Im Konflikt zwischen Jung und Freud versuchte sie zu vermitteln, bevor es 1913 zum endgültigen Bruch zwischen den beiden kam. C. G. Jung begründete seine eigene Schule der Analytischen Psychologie, die auch Emma Jung vertrat. Sie war von 1916 bis 1919 die erste Präsidentin des Psychologischen Clubs in Zürich, in dem sich die Anhänger der Analytischen Psychologie versammelten. 1918 begann sie eine Analyse bei dem Jungianer Hans Trüb, und seit 1930 praktizierte sie offiziell selbst als Psychotherapeutin. Von 1950 bis 1955 amtierte sie als Vizepräsidentin des Züricher Carl Gustav Jung-Instituts.
1931 referierte Emma Jung im Psychologischen Club über den Animus, die Personifikation des Männlichen im Unbewussten der Frau (Ein Beitrag zum Problem des Animus), und 1950 verfasste sie einen Essay über die Anima, die Personifikation des Weiblichen im Unbewussten des Mannes (Die Anima als Naturwesen). Beide Vorträge wurden 1967 erstmals veröffentlicht. Ihr lebenslanges Interesse galt der Gralslegende. Sie hinterließ eine Studie zur symbolischen Bedeutung von Motiven der Gralslegende als Archetypen, die nach ihrem Tod von Marie-Louise von Franz bearbeitet und herausgegeben wurde. (Artikelanfang)
Judith Le Soldat-Szatmary wurde in Budapest geboren und besuchte Schulen in Budapest, Wien und Zürich, wo sie 1967 die Matura ablegte. Von 1967 bis 1977 studierte sie an der Universität Zürich Psychologie und als naturwissenschaftliches Zweitfach Computerwissenschaften. Nach dem Lizentiat promovierte sie 1978 bei Ulrich Moser im Fachbereich Klinische Psychologie mit einer theoretischen Arbeit zur psychischen Regulation des Selbstwertgefühls.
Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt Judith Le Soldat am Psychoanalytischen Seminar Zürich (PSZ), ihre Lehranalytiker waren Fritz Morgenthaler und Paul Parin. Von 1975 an bis kurz vor ihrem Tod arbeitete sie als Psychoanalytikerin in eigener Praxis in Zürich. Sie war außerdem Lehranalytikerin, Supervisorin und Dozentin am PSZ. Ihre Spezialgebiete war die Behandlung von Borderline-Störungen, Depressionen und Kreativitätshemmungen.
Ihr wichtigster Beitrag zur Weiterentwicklung der psychoanalytischen Theorie besteht in einer Revision der klassischen Auffassung des Ödipuskomplexes. Ihren eigene Ansatz entwirft sie in ihrem Hauptwerk Eine Theorie menschlichen Unglücks, indem sie eine neuerliche Interpretation von "Irmas Injektion", Sigmund Freuds Initialtraum der Psychoanalyse, unternimmt. Die Freudsche Version des Ödipuskomplexes, die von der Verliebtheit in die Mutter und der Eifersucht gegen den Vater handelt, stellt für Judith Le Soldat bereits eine Lösung zur Abwehr des eigentlichen Konflikts dar, bei dem es um phantasierten Raub (des väterlichen Glieds), Verrat (an der Mutter) und Mord (am Rächer) geht. Den Nabel von Freuds Irma-Traum bildet, wie Le Soldat akribisch nachweist, der unerfüllbare passiv-genitale "Kolposwunsch", d. h. der männliche Wunsch nach genitaler, nicht homosexuell analer Penetration. Einen solchen ursprünglichen, auf den imaginären "Kolpos" - weder Scheide noch Anus, sondern ein Drittes - gerichteten Sexualwunsch postulierte sie für Männer wie für Frauen. Aus dieser Neukonzeption des Ödipuskomplexes ergibt sich auch eine neue psychoanalytische Theorie der Homosexualität. (Artikelanfang)
Alice Miller wurde als Alicija Englard, älteste Tochter von Gutta und Meylech Englard, in eine wohlhabende jüdisch-orthodoxe Familie geboren und wuchs im polnischen Piotrków Trybunalski (Provinz Łódź) auf. Nach der deutschen Besetzung Polens und der Einweisung ihrer Familie in das Ghetto ihrer Heimatstadt gelang es ihr, mit falschen Papieren als Alice Rostowska 1940 nach Warschau zu fliehen und im "arischen" Teil der Stadt den Holocaust zu überleben.
Noch in Warschau begann sie 1942 an der Geheimen Universität Literaturgeschichte und Philosophie zu studieren und setzte ihr Studium 1945 an der Universität Łódź fort. Ein Jahr später emigrierte sie in die Schweiz, wo sie in Basel Philosophie mit Psychologie und Soziologie in den Nebenfächern studierte und 1955 zum Dr. phil. promovierte. 1949 heiratete sie den ebenfalls aus Polen stammenden Soziologen Andreas Miller (1923-1999). Aus ihrer Ehe, die in den 1960er Jahren wieder geschieden wurde, gingen ihre Kinder Martin (*1950) und Julika (*1956) hervor.
Nach Abschluss ihres Studiums absolvierte Alice Miller in Zürich eine psychoanalytische Ausbildung bei Paul Parin und Gertrud Boller-Schwing. Anfang der 1960er Jahre wurde sie in die Schweizerische Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa) aufgenommen. Als Mitglied des Unterrichtsausschusses setzte sie sich Mitte der 1970er Jahre für die Auflösung des selbstverwalteten Psychoanalytischen Seminars Zürich ein, das sich dann mit Paul und Goldy Parin und Fritz Morgenthaler von der SGPsa abspaltete. 1980, nach dem Erscheinen ihres bekanntesten Buchs Das Drama des begabten Kindes, gab Alice Miller ihre psychoanalytische Praxis und ihre Lehrtätigkeit auf, um sich dem Kampf gegen die "Schwarze Pädagogik" zu widmen. 1988 trat sie aus der SGPsa und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung aus.
Alice Miller war der Meinung, dass die Psychoanalyse den Zugang zu traumatischen sexuellen Gewalterfahrungen verhindere, seitdem Sigmund Freud seine Verführungstheorie - also die Annahme, Neurosen seien die Folge realen sexuellen Missbrauchs in der Kindheit - aufgegeben und durch den Ödipuskomplex, die Postulierung kindlicher Sexualität und sein Konzept der “psychischen Realität” ersetzt hatte.
In ihren sehr erfolgreichen Büchern zeigte sie, häufig am Beispiel berühmter Persönlichkeiten wie Adolf Hitler, Friedrich Nietzsche, Marilyn Monroe oder Franz Kafka, die destruktiven Folgen von Erziehung auf und prangerte die Verleugnung von Kindesmisshandlung und -missbrauch durch die Gesellschaft an. Alice Miller ging von der "Unschuld" des Kindes aus, das durch Erziehung gedemütigt werde, seine Gefühle verleugnen müsse und dadurch emotionale Blindheit und Denkblockaden entwickle. Das Erlittene werde im Körper gespeichert, mit der Folge schwerer Krankheiten, und erzeuge einen unbewussten Wiederholungszwang. Schließlich würden die Demütigungen dann an die eigenen Kinder weitergegeben. Nur das Wissen um das eigene Leiden in der Kindheit könne diesen Teufelskreis durchbrechen.
Kritiker warfen Alice Miller psychologistische Kurzschlüsse vor, z. B. wenn sie festhält: "Hitler hätte nicht Millionen von Menschen umbringen müssen, wenn es ihm als Kind möglich gewesen wäre, sich direkt gegen die Grausamkeiten seines Vaters aufzulehnen". Die persönliche Tragik Alice Millers, die - selbst Tochter einer lieblosen Mutter und als verfolgte Jüdin traumatisiert - ihrem Sohn eine kalte und destruktive Mutter war, beschreibt Martin Miller in seinem Buch Das wahre "Drama des begabten Kindes". (Artikelanfang)
Die Psychiaterin Françoise Minkowska wurde als Franziska Brockmann bzw. Frania Brokman in Moskau als Tochter des Kaufmanns Emil Brockmann und seiner Frau Anna geb. Blumenthal geboren. Nach der Trennung ihrer Eltern wuchs Franziska Brockmann bei ihren Großeltern mütterlicherseits in Warschau auf und besuchte dort das Lyzeum. Von 1901 an studierte sie Medizin in Bern und Zürich, wo sie 1909 promovierte. Anschließend ging sie nach Kasan, um dort ein Diplom zu erwerben, das ihr erlaubte in Russland zu praktizieren. In Kasan lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, den aus St. Petersburg stammenden Psychiater Eugène Minkowski (1885-1972).
Nach Erhalt ihres Diploms arbeitete Franziska Brokman zunächst in einem Hospital für psychisch Kranke in Otwoch bei Warschau, danach in München. 1912 ging sie wieder nach Zürich und wurde ehrenamtliche Assistentin Eugen Bleulers an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli. 1912/1913 war sie im Kantonsspital Aarau und im Sanatorium Kilchberg tätig. 1912 trat Franziska Brockmann in die Ortsgruppe Zürich der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ein, deren Mitglied sie bis zu ihrer Auflösung 1914 war.
1913 heiratete sie Eugène Minkowski und begab sich mit ihm nach München, wo sie vom Kriegsbeginn überrascht wurden und nach Zürich zurückkehrten. Während sich Eugène Minkowski 1915 freiwillig zur französischen Armee meldete, zog die Minkowska nach Paris, wo 1915 ihr Sohn Alexandre und 1918 ihre Tochter Jeannine geboren wurden. Nach Kriegsende ließ sich das Ehepaar Minkowski in Paris nieder und beteiligte sich 1925 an der Gründung der Zeitschrift Évolution psychiatrique (EP).
Wie ihr Mann vertrat Françoise Minkowska ab den 1920er Jahren einen phänomenologischen Ansatz, ihre anfängliche Sympathie für die Psychoanalyse wandelte sich in entschiedene Ablehnung. Bekannt wurde sie durch ihre Arbeit mit dem Rorschach-Test, den sie in Frankreich einführte, sowie durch ihre genealogischen Strukturanalysen zur Schizophrenie und Epilepsie. In Anlehnung an Ernst Kretschmer stellte sie dem schizoiden Konstitutionstypus einen epileptoiden bzw. glischroiden Typus gegenüber. Dessen Grundzug sei die Polarität von visköser Verlangsamung und explosiver Reaktion, die sich im biologischen als auch im charakterologischen Verhalten äußert.
Françoise Minkowska und ihr Mann, beide jüdischer Herkunft, konnten die deutsche Besetzung Frankreichs in der Illegalität überleben. Zu einem von ihr nach Kriegsende geplanten Buch über Rorschach-Tests kam es zu ihren Lebzeiten nicht mehr. Sie starb im Alter von 68 Jahren in Paris, die Grabrede im Namen der EP hielt Jacques Lacan. (Artikelanfang)
Maria Moltzer war eine Vertreterin der Analytischen Psychologie, die C. G. Jung nach seinem Bruch mit Sigmund Freud begründete. Sie wurde in Amsterdam als viertes von acht Kindern einer wohlhabenden Unternehmerfamilie geboren. Ihr Vater Christiaan Nicolaas Jacob Moltzer war Direktor der Destillerie Bols in Amsterdam. Maria Moltzer absolvierte am Amsterdamer Bürgerhospital eine Ausbildung zur Krankenschwester und war ab 1905 als Oberschwester im Sanatorium "Lebendige Kraft" in Zürich tätig, das Max Bircher-Benner ein Jahr zuvor eröffnet hatte.
1910 lernte sie Carl Gustav Jung kennen und arbeitete dann als seine Assistentin in der psychiatrischen Klinik Burghölzli. Im Kreis um Jung war sie vermutlich die erste Kinderanalytikerin. 1911 nahm sie am Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Weimar teil. Sie eröffnete eine eigene Praxis in Zürich und gehörte der Zürcher Ortsgruppe der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) an. Nach deren Austritt aus der IPV war sie assoziiertes Mitglied der Vereinigung für analytische Psychologie und ab 1916 des neugegründeten Psychologischen Clubs der Jungianer:innen. Ihre bekannteste Patientin war die Amerikanerin Fanny Bowditch Katz. Auch der niederländische Psychoanalytiker Johan van Ophuijsen gehörte zu ihren Analysanden.
Maria Moltzer nahm jedoch bald eine kritische Haltung zu Jung ein, während sie sich dem Psychiater und Maler Franz Riklin enger anschloss. Sie brach schließlich mit Jung und verließ 1918 den Psychologischen Club. Sie kehrte nicht mehr in die Niederlande zurück und lebte bis zu ihrem Tod in Zollikerberg.
Maria Moltzer inspirierte Jung nicht nur zur Ausformulierung seines Konzepts von der Anima, der Personifikation des Weiblichen im Unbewussten des Mannes. In zwei Vorträgen, die sie im Sommer 1916 im Psychologischen Club hielt, bestand sie im Hinblick auf Jungs Typenlehre auf der Wichtigkeit eines intuitiven Typus neben dem intro- und dem extravertierten Typus. Außerdem postulierte sie die Existenz einer Individualisierungstendenz neben den kollektiven Tendenzen zur Introversion und Extraversion. (Artikelanfang)
Maya Nadig wurde in Tschiertschen in der Schweiz geboren. Sie studierte Französisch, Deutsch und Geschichte in Lausanne, München und Zürich und schloss ihr Studium als Sekundarlehrerin ab. Mit Beginn einer eigenen Analyse sattelte sie auf das Fach ihrer Neigung um und studierte in Zürich Klinische Psychologie mit dem Schwerpunkt Psychoanalyse bei Ulrich Moser. Während ihrer Tätigkeit als Französischlehrerin lernte sie Mario Erdheim kennen, durch den sie mit der Ethnologie in Berührung kam. Es folgte ein Ethnologiestudium, und 1983 promovierte sie am Ethnologischen Institut in Zürich, wo sie als Lehrbeauftragte und Assistentin tätig war. Außerdem war sie drei Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Universität Frankfurt
Maya Nadig war in der 68er- und der Frauenbewegung aktiv. Ihr Interesse an einer Verbindung von Psychologie und Politik wurde durch die Ethnopsychoanalytiker:innen Paul Parin, Fritz Morgenthaler und Goldy Parin-Matthèy gefördert. 1970 begann sie ihre psychoanalytische Ausbildung am Psychoanalytischen Seminar Zürich. Sie absolvierte zwei Analysen und wurde Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse und der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung.
Zwischen 1975 und 1991 führte sie mehrere ethnopsychoanalytische Feldforschungen durch: in Mexiko bei den Otomi in Hidalgo (1975, 1977) und den Mayas in Yucatan (1987) sowie im Züricher Oberland (1988-1991). Inspiriert von der feministischen Forschung und der kritischen Ethnologie entwickelte Maya Nadig ihren eigenen ethnopsychoanalytischen Ansatz, indem sie die Subjektivität der Forscherin miteinbezieht. Dabei wandte sie die ethnopsychoanalytische Methode auch auf die eigene Kultur an.
Von 1991 an war Maya Nadig Professorin für Europäische Ethnologie an der Universität Bremen, wo sie auch das 2001 von ihr gegründete Bremer Institut für Kulturforschung leitete. Zu ihren neueren Forschungsprojekten zählen: Technisierung der Geburt (1999-2004), Prozesse transkultureller Verständigung in der Psychotherapie mit Migrant:innen (seit 2000), Genderidentitäten und kulturelle Formen in Bewegung: Reisende Frauen und einheimische Männer in Indonesien (2000-2003) und Danzantes Aztecas im Kontext der Globalisierung, basierend auf einer Feldforschung in Mexiko (seit 2004). Seit 2004 gibt sie auch die Reihe "Transkulturelle Studien" bei Campus heraus. 2012 ging sie in den Ruhestand. (Artikelanfang)
Mira Gincburg wurde im russisch-polnischen Wischki, Bezirk Dinaburg (Litauen), als Tochter einer jüdischen Familie geboren. Ihr Vater, der Arzt Rafael Saweliew, starb als sie 13 war, ihre Mutter Rawka Salmanowa Gordin litt unter psychotischen Schüben. Nach dem Besuch des Mädchengymnasiums in Lodz schrieb sie sich 1901 in Bern zum Medizinstudium ein. 1903 wechselte sie nach Zürich, unterbrach dann jedoch ihr Studium, um 1904/05 in Russland ein Lehrerinexamen zu absolvieren.
Mira Gincburg engagierte sich für den revolutionären russischen Sozialismus ebenso wie für die nationalpolnische Untergrundbewegung und beteiligte sich im Kohlenrevier von Dgbrowa an der russischen Revolution von 1905. Nach deren Scheitern kehrte sie 1906 nach Zürich zurück und setzte dort ihr Medizinstudium fort. Sie hörte bei Eugen Bleuler und Carl Gustav Jung und nahm an den Sitzungen der Gesellschaft für Freudsche Forschungen teil. 1909 promovierte sie Über den Einfluss von anorganischen Salzen auf die galvanische Erregbarkeit der Nerven. Im Winter desselben Jahres legte sie in St. Petersburg ihr russisches Staatsexamen ab.
1909 arbeitete Mira Gincburg einige Monate als Volontärärztin an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich, wo sie als Schülerin C. G. Jungs Kinderanalysen durchführte. Nach einer kurzen Tätigkeit in einem Sanatorium für Nervenkranke in Riga ging sie 1910 nach Berlin, um sich in der Psychiatrischen Klinik der Charité und im Krankenhaus Moabit weiterzubilden. Im April 1911 wurde sie als erstes weibliches Mitglied in die Berliner Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen. Im gleichen Jahr nahm sie am Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Weimar teil. Ende 1911 wurde sie Mitglied der Ortsgruppe Zürich der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV). Sie war auch Mitglied des Vereins Schweizer Irrenärzte, wo sie 1911 ihr Referat Aus der Analyse eines mißlungenen Suizides hielt. Darin gelangte sie zu dem Schluss, dass der Suizid eines Schizophrenen nicht der Schizophrenie zur Last zu legen sei, sondern auf die gleichen seelischen Bedingungen wie bei einer schweren Neurose zurückgeführt werden könne.
Am Burghölzli hatte Mira Gincburg ihren Mann, den Psychiater Emil Oberholzer (1883-1958), kennengelernt, den sie 1913 heiratete. Wie ihr Mann arbeitete Mira Oberholzer-Gincburg von 1911 bis 1915 als Assistentin Hans Bertschingers an der Irrenanstalt Breitenau in Schaffhausen, anschließend ein Jahr lang im privaten Nervensanatorium von Dr. Brunner in Küsnacht. Nach dem von Jung und seinen Anhänger:innen betriebenen Austritt der Zürcher Gruppe aus der IPV im Jahr 1914 zählten die beiden Oberholzer zu den wenigen verbliebenen Freudianern in der Schweiz.
Nach dem Ersten Weltkrieg führten Mira und Emil Oberholzer eine psychoanalytische Praxis in Zürich und beteiligten sich 1919 an der Gründung der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). 1923 legte Mira Oberholzer ihre Praxis vorübergehend nieder, um in Wien eine kurze Analyse bei Sigmund Freud zu machen, der sie mehr als ihren Mann schätzte. 1928 traten Emil Oberholzer und eine Gruppe von Ärzten, darunter auch Mira Oberholzer, aus der SGPsa aus und gründeten die Schweizerische Ärztegesellschaft für Psychoanalyse.
Wegen des zunehmenden Antisemitismus auch in der Schweiz emigrierten die Oberholzers 1938 mit ihrem 1926 geborenen Sohn Emil in die Vereinigten Staaten. Sie eröffneten eine psychoanalytische Privatpraxis in New York, der New York Psychoanalytic Society schlossen sie sich aber nicht an. 1942 beteiligten sie sich an der Gründung der Association for Psychoanalytic and Psychosomatic Medicine.
Wie Sabina Spielrein war Mira Oberholzer eine der ersten Kinderanalytikerinnen in der Schweiz. Trotz ihrer Anfänge bei Jung blieb sie stets eine loyale Anhängerin Freuds. Im Vergleich zu ihrer Bedeutung als Pionierin der schweizerischen Psychoanalyse hinterließ sie nur ein schmales Werk. In ihrer Mitteilung von Kindheitsträumen mit spezieller Bedeutung belegte sie, dass die Träumer in frühen Kinderjahren Zeugen sexuellen Verkehrs gewesen waren. In Tolstoi über den Traum wies sie nach, dass Tolstoi, indem er das Unbewusste mit moralischen Maßstäben maß, die triebhafte Dimension übersah. Ihr Aufsatz Aus der Analyse eines 13jährigen Mädchens enthält die Beschreibung der erfolgreichen Behandlung einer jungen Hysterikerin, die an einer schweren Anorexie litt.
Mira Oberholzer-Gincburg starb in New York an Krebs. (Artikelanfang)
Elisabeth Charlotte (Goldy) Matthèy-Guenet wurde in Graz geboren als Tochter einer wohlhabenden Schweizer Familie hugenottischer Abstammung. Ihr Vater August Matthèy verlor nach dem Verkauf der familieneigenen lithographischen Anstalt Anfang der 1920er Jahre sein gesamtes Vermögen. Ihre Mutter Franziska geb. Dunkl hielt die Familie mit Putzarbeit über Wasser. Goldy Matthèy absolvierte zunächst an der Kunstgewerbeschule in Graz eine Ausbildung zur Keramikerin, sattelte dann aber auf den Brotberuf einer medizinischen Labor- und Röntgenassistentin um. Von 1933 bis 1934 arbeitete sie in Wien in einem von August Aichhorn geleiteten Heim für schwererziehbare Kinder, anschließend wieder in ihrem erlernten Beruf am Grazer Universitätsspital. Seit Anfang der 1930er Jahre in einer Gruppe Grazer Antifaschisten aktiv, ging Goldy Matthèy 1937 nach Spanien, um sich am Bürgerkrieg gegen Franco zu beteiligen und als Röntgenassistentin beim Sanitätsdienst der Internationalen Brigaden zu arbeiten.
Nach dem Sieg der Faschisten und dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland lebte Goldy Matthèy in Zürich und betrieb dort von 1939 bis 1952 (mit Unterbrechungen) ein Labor für Blutuntersuchungen. In Zürich lernte sie Paul Parin (1916-2009) kennen, der hier sein Medizinstudium abschloss. Zusammen mit ihm und fünf weiteren Schweizer Ärzten, darunter ihr Bruder Gustl Matthèy-Guenet, ging Goldy Matthèy 1944 als Freiwillige nach Jugoslawien, wo sie ein Jahr lang an der Seite der Tito-Partisanen das Zentralspital betreuten. 1946 baute sie mit Fritz Morgenthaler und anderen die Poliklinik Prijedor in Nordbosnien auf.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Goldy Matthèy wie Morgenthaler und Parin eine psychoanalytische Ausbildung in Zürich. Sie machte von 1950 bis 1952 eine Analyse bei Rudolf Brun und wurde anschließend Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse. 1952 eröffneten Parin, Matthèy und Morgenthaler eine psychoanalytische Gemeinschaftspraxis in Zürich. Sie gründeten zusammen mit Jacques Berna das "Kränzli", aus dem 1958 das linksorientierte Psychoanalytische Seminar Zürich hervorging.
1955 heirateten Goldy und Paul Parin. Gemeinsam mit Morgenthaler unternahmen sie zwischen 1954 und 1971 sechs Forschungsreisen nach Westafrika und untersuchten mit Hilfe der psychoanalytischen Gesprächstechnik das Seelenleben der Dogon und Agni. Mit ihren Studien Die Weißen denken zuviel (1963) und Fürchte Deinen Nächsten wie Dich selbst (1971) begründeten sie die deutschsprachige Tradition der Ethnopsychoanalyse.
Für Goldy Parin-Matthèy, die sich selbst als "moralische Anarchistin" bezeichnete, war die Psychoanalyse ein "Guerillakampf mit anderen Mitteln". Wie ihr Mann verstand sie ihre psychoanalytische Tätigkeit als subversiv und gesellschaftskritisch. Ziel der Psychoanalyse war für sie die Stärkung der autonomen Kräfte einer Person und eine größere Unabhängigkeit von den sozialisierenden Faktoren.
1990 gaben die Parins ihre psychoanalytische Praxis auf. Goldy Parin-Matthèy starb sieben Jahre später in Zürich. (Artikelanfang)
Maria Ammende wurde in Bamberg geboren. Nach der Matura im Jahr 1929 begann sie ihr Studium in München mit drei Semestern Psychologie und Germanistik, wechselte dann aber zur Medizin und studierte dieses Fach in München, Zürich, Kiel und Würzburg. Nach der ärztlichen Vorprüfung 1932 setzte sie ihr Medizinstudium in Berlin und Zürich fort, wo sie 1937 über Zwei Fälle von Kindstötung in psychiatrischer Beurteilung promovierte.
Sie absolvierte eine psychoanalytische Ausbildung und wurde Mitglied und Lehranalytikerin der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). Während der 1950er Jahre gehörte sie in Zürich dem erweiterten "Kränzli" um Paul Parin, Goldy Matthèy und Fritz Morgenthaler an. Ende der 1960er Jahre sympathisierte sie mit der "Plattform", einer Gruppe linksorientierter Analytiker:innen, und schloss sich nach der Spaltung der SGPsa im Jahr 1977 dem autonomen Psychoanalytischen Seminar Zürich an.
Wie ihr Mann, der Psychiater Hans Oskar Pfister (1905-1995), war sie eine Anhängerin des Psychohygiene-Gedankens. Sie setzte auf diesem Gebiet das Werk von Heinrich Meng fort, des Begründers der europäischen Psychohygiene-Bewegung, der bis 1956 in Basel lehrte. Maria Pfister-Ammendes Schwerpunkt war die Flüchtlings- und Vertriebenenforschung. Sie unterbrach ihre Praxistätigkeit für fünfzehn Jahre, um in den 1940er und 1950er Jahren die Mental Health Section der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf zu leiten. Im Auftrag der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften untersuchte sie ab 1944 die psychische Gesundheit verschiedener Flüchtlingsgruppen, darunter jüdische Flüchtlinge, KZ-überlebende, Displaced Persons und deutsche Flüchtlinge aus Polen und Schlesien. Sie beschrieb die psychopathologischen Auswirkungen der Entwurzelung und Internierung von Menschen in Flüchtlingslagern und zeigte präventive, therapeutische und rehabilitative Maßnahmen zur Behandlung von Flüchtlingen auf. (Artikelanfang)
Danielle Quinodoz stammte aus Grenoble, wo sie 1951 die Reifeprüfung ablegte. Anschließend studierte sie bis 1954 Psychologie an der Sorbonne in Paris. Von 1955 bis 1966 war sie als Psychologin tätig: an der Universität Genf als Mitarbeiterin von Jean Piaget und André Rey, an der Clinique psychiatrique des Rives in Prangins und beim Genfer Service médico-pédagogique. 1960 heiratete sie den Schweizer Psychoanalytiker Jean-Michel Quinodoz (*1934), aus ihrer Ehe gingen drei Kinder hervor.
Sie wandte sich dann der Psychoanalyse zu und eröffnete 1967 eine Privatpraxis in Genf. 1980 wurde sie Mitglied und 1986 Lehranalytikerin der Société Suisse de Psychanalyse (SSPsa). Von 2003 bis 2007 war sie Präsidentin des Ausbildungsausschusses der SSPsa. Außerdem war sie zwischen 1987 bis 1992 Redakteurin des Bulletin de la Société Suisse de Psychanalyse. Sie lehrte von 1970 bis 2007 am Centre de Psychanalyse Raymond de Saussure, supervidierte bis 2000 Psychotherapien in der psychiatrischen Abteilung der Genfer Universität und leitete zehn Jahre lang am Hôpital de Gériatrie ein Seminar zur Psychotherapie älterer Patienten.
Zu den Forschungsschwerpunkten Danielle Quinodoz' zählten die nonverbale Kommunikation in der Analyse und die Psychoanalyse älterer Patienten. Ausgezeichnet mit dem Sacerdoti-Preis der IPV (1989) und dem Pariser Prix Psychologie (1995) wurde ihr Buch Le vertige, entre angoisse et plaisir. Darin beschrieb sie ausgehend von der Freudschen Angsttheorie und dem Kleinschen Objektbeziehungsansatz verschiedene Formen des Schwindelgefühls zwischen Lust und Angst, dessen Ursprung sie in Trennungsängsten ausmachte. Ihr zweites Buch Des mots qui touchent [Worte, die berühren] handelte von Patienten, die sowohl neurotische wie psychotische Symptome aufweisen. Um die präverbale Ebene dieser Patienten zu erreichen, nutzte Danielle Quinodoz in der Analyse die musikalischen und syntaktischen Momente des Sprechens.
In ihrem zuletzt erschienenen Buch Vieillir (Älterwerden) hob sie hervor, wie sinnvoll die psychoanalytische Arbeit auch für sehr alte und kurz vor ihrem Tod stehende Menschen sein kann. (Artikelanfang)
Madeleine Rambert wurde in Lausanne als Tochter eines Pfarrers geboren. Nach Abschluss ihres Lehrerinnen-Diploms unterrichtete sie zwei Jahre lang, bevor sie von 1924 bis 1926 Psychologie und Pädagogik am Institut Jean-Jacques Rousseau in Genf studierte. 1927 eröffnete sie in Croix-sur-Romainmôtier im Kanton Vaud eine Einrichtung für zurückgebliebene Kinder, die sie später nach Chailly-sur-Lausanne verlegte. 1933 gründete sie in Lausanne die Consultation psycho-pédagogique pour enfants difficiles, eine kostenlose Beratungsstelle für schwierige Kinder.
In Lausanne arbeitete Madeleine Rambert auch mit Germaine Guex zusammen. Wie diese machte sie eine Analyse bei Raymond de Saussure und begann eine psychoanalytische Ausbildung. Ihr Kontrollanalytiker war Philipp Sarasin. Sie spezialisierte sich als Kinderanalytikerin und wurde 1942 Mitglied und 1949 Lehranalytikerin der Société Suisse de psychanalyse, der sie 1945 als Vizepräsidentin vorstand.
Madeleine Rambert spielte in den 1940er Jahren eine wichtige Rolle bei der Gründung sozialpädagogischer Institutionen im Kanton Vaud. Sie war 1942 Mitinitiatorin des Office médico-pédagogique vaudois, wo sie die Ausbildung von Ärzten und Psychologinnen in psychoanalytischer Kindertherapie übernahm. Außerdem beeinflusste sie maßgeblich die Reform der Erziehungsmethoden des Asile rural vaudois in Echichens, einer Einrichtung für Kinder in schwierigen Verhältnissen, aus dem 1950 die Ecole Pestalozzi hervorging, an der Rambert in den nächsten Jahrzehnten die Erzieher:innen ausbildete.
In der Psychoanalyse ist der Name Madeleine Ramberts vor allem mit der Einführung des Puppenspiels in die Kinderanalyse verbunden. Angeregt durch die Rolle des Spiels in Anna Freuds Technik der Kinderanalyse, begann sie in den 1930er Jahren Puppen als Mittel der Übertragung in der Analyse von Kindern zu verwenden. Wie sie in ihrem Aufsatz Une nouvelle technique en psychanalyse infantile: Le jeu de guignols anhand von Fallbeispielen ausführte, besteht der Vorteil der Puppenspiel-Technik darin, dass sie einen raschen Zugang zum Unbewussten ermöglicht und durch die Freisetzung von Emotionen die kathartische Wirkung der Psychotherapie erhöht.
In ihrem kinderanalytischen Ansatz berücksichtigte Madeleine Rambert sowohl das Stufenmodell der intellektuellen Entwicklung von Jean Piaget als auch die Freudschen Phasen der Triebentwicklung. Ihr Buch La vie affective et morale de l'enfant, worin sie ihre Erfahrungen aus zwölf Jahren kinderanalytischer Praxis schilderte, wurde in mehrere Sprachen übersetzt und machte ihren Ansatz international bekannt. (Artikelanfang)
Janice de Saussure wurde in Kalifornien als Janice Marie Davis, Tochter von Helen Bull und Robert M. Davis, geboren. Sie schloss 1939 ihr Studium an der Ohio State University mit dem MA ab, das Thema ihrer Abschlussarbeit lautete The Relation of Christianity and Democracy. 1938 heiratete sie den Wirtschaftswissenschaftler Emanuel Jay Howenstine (1914-2009), von dem ihre beiden Söhne Robert und Richard und ihre Tochter Judith stammten. Die Ehe wurde in den 1950er Jahren geschieden. 1964 ging sie in Genf eine zweite Ehe mit dem Schweizer Psychoanalytiker Raymond de Saussure (1894-1971) ein, dem Mitgründer und von 1961 bis 1967 Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). Sie war seine vierte und letzte Ehefrau.
Janice de Saussure praktizierte als Psychoanalytikerin in Genf, wo unter anderen Saul Friedländer zu ihren Analysanden zählte. Sie trug als Mitglied der SGPsa entscheidend zur Entwicklung der psychoanalytischen Bewegung bei und setzte sich für deren Institutionalisierung auch auf internationaler Ebene ein. Sie war Vizepräsidentin der European Psychoanalytical Federation (EPF) als auch der International Psychoanalytical Association (IPA) und gehörte unter anderem der Association International d'Histoire de la Psychanalyse und dem Center for Advanced Psychoanalytic Studies in Princeton, New Jersey, an. Sie war in verschiedenen internationalen Gremien aktiv, leitete z. B. Mitte der 1980er Jahre ein IPA-Komitee zur Festlegung der Standardkriterien für eine IPA-Mitgliedschaft und organisierte ab 1983 das Sponsoring Committee der IPA für die griechische Study Group.
Nach ihrem Rückzug aus dem aktiven Berufsleben kehrte Janice de Saussure in die USA zurück. Sie lebte zuletzt bei ihrer Tochter Judith Howenstine in Spokane, Washington, wo sie im Alter von 100 Jahren starb. (Artikelanfang)
Julia Schwarzmann wurde in Bern geboren. Sie ging in Basel zur Schule und legte dort 1923 die Matura ab. Danach studierte sie moderne Sprachen und Pädagogik in Basel und Genf und schloss 1928 in Basel mit einem Mittellehrer-Examen ab. Aus persönlichen Gründen - vermutlich heiratete sie - unterbrach sie ihre Ausbildung und setzte sie erst im Alter von 38 Jahren mit einem Jahreskurs des Heilpädagogischen Seminars bei Paul Moor in Zürich fort. Anschließend war sie als Erziehungsberaterin in Zürich tätig.
1946 schrieb sie sich im Fach Psychologie an der Universität Zürich ein und promovierte zwei Jahre später mit einer Arbeit über Die seelische Heimatlosigkeit im Kindesalter und ihre Auswirkungen. Darin beschrieb sie die fehlende Geborgenheit, Angst und Einsamkeit im frühen Lebensalter von Kindern, die sich später in Verhaltens- und Entwicklungsstörungen manifestierten. Sie absolvierte dann eine psychoanalytische Ausbildung, unter anderem bei dem Schweizer Kinderanalytiker Hans Zulliger, und wurde Mitte der 1950er Jahre außerordentliches Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). Hier stellte sie 1955 ihren Ansatz der soziologisch orientierten Kinderanalyse vor, der sich dadurch auszeichnet, dass sie Personen aus der sozialen Umgebung des Kindes, insbesondere die Mutter, in eine kombinierte Behandlung miteinbezog. Damit nahm sie Fragen der Familienneurose und Familientherapie vorweg.
Den von ihr beschriebenen Zusammenhang zwischen frühkindlicher seelischer Heimatlosigkeit und späterer Verwahrlosung fand Julia Schwarzmann bestätigt während ihrer zehnjährigen Tätigkeit als Supervisorin von Erzieherinnen in einem Züricher Heim für verwahrloste und straffällig gewordene Mädchen. Im Sinne von August Aichhorns psychoanalytischem Ansatz in der Fürsorgeerziehung sollte diesen Mädchen eine "Umerziehung" und nachträgliche Identitätsbildung ermöglicht werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit schilderte Julia Schwarzmann in ihrem 1971 erschienenen Buch Die Verwahrlosung der weiblichen Jugendlichen. (Artikelanfang)
Gertrud Schwing wurde in eine fromme protestantische Familie in Zürich geboren. Sie arbeitete als Krankenschwester in Max Bircher-Benners Sanatorium in Zürich, bevor sie eine Analyse bei dem Wiener Psychoanalytiker Paul Federn machte und dessen Schülerin wurde. Von 1935 bis Anfang 1938 behandelte sie in Wien in Zusammenarbeit mit Paul Federn und István Hollós psychotische Patient:innen in der Psychiatrisch-Neurologischen Universitätsklinik. Federn setzte sich dafür ein, dass Gertrud Schwing eine psychoanalytische Ausbildung erhalten und Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung werden konnte, obwohl sie weder Medizin noch Psychologie studiert hatte. Ihre Kontrollanalysen übernahmen Grete Bibring und Anna Freud.
Nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 ging Gertrud Schwing zurück in die Schweiz. Sie heiratete Werner Boller (1905-?), und 1947 wurde ihr Sohn Balthasar Johannes geboren. Gertrud Boller-Schwing war als Psychoanalytikerin in Zürich tätig, wo Alice Miller zu ihren Analysand:innen gehörte.
Gertrud Schwing gilt als eine Pionierin der Psychosentherapie. 1940 erschien ihr Buch Ein Weg zur Seele des Geisteskranken, worin sie über ihre Wiener Erfahrungen mit schizophrenen Patientinnen berichtete. Eine wichtige Ursache für Schizophrenie sah sie in wiederholten Enttäuschungen durch die Mutter in der frühen Kindheit, im Fehlen einer "mütterlichen Mutter", dem sie mit ihrem therapeutischen Ansatz einer nachholenden Mütterlichkeit unter Vermeidung der negativen Übertragung begegnete. (Artikelanfang)
Marguerite Andrée Sechehaye wurde in Genf geboren. Sie stammte aus einer protestantischen Familie, die von den französischen Cevennen in die Schweiz eingewandert war. Nach dem Besuch der höheren Schule für Mädchen studierte sie in Genf Linguistik bei Ferdinand de Saussure und Psychologie bei Édouard Claparède am Jean-Jacques Rousseau-Institut, wo sie nach dem Studium als Assistentin Claparèdes tätig war. Mit neunzehn Jahren heiratete sie den Linguisten Albert Sechehaye (1870-1946), der anhand ihrer Aufzeichnungen der Vorlesungen Saussures gemeinsam mit Charles Bally den bekannten Cours de linguistic générale verfasste.
Marguerite Sechehaye arbeitete zunächst als Psychologin, wandte sich dann aber der Psychoanalyse zu. Nach anfänglichem Zögern, da sie nicht sicher war, ob die Freudsche Betonung der Sexualität sich mit ihrem Glauben vereinbaren ließ, machte sie von 1927 bis 1928 eine Lehranalyse bei Raymond de Saussure. Sie spezialisierte sich auf Psychosen und entwickelte für die Behandlung von Schizophrenen ihre eigene Methode der "symbolischen Wunscherfüllung". Dabei ging es ihr darum, als Analytikerin die Rolle einer "guten Mutter" - im Sinne Melanie Kleins und Donald W. Winnicotts - zu übernehmen und durch die symbolische Befriedigung fundamentaler Bedürfnisse der Schizophrenen frühkindliche Versagungen wiedergutzumachen.
Wie erfolgreich die Behandlung mittels symbolischer Wunscherfüllung sein kann, zeigte Sechehaye am Beispiel von "Renée" auf, eines 18-jährigen schizophrenen Mädchens, das zehn Jahre lang bei ihr in Analyse war. Berühmt wurde diese Fallgeschichte durch das 1950 veröffentlichte Journal d'une schizophrène [Tagebuch einer Schizophrenen], das die Selbstbeobachtungen "Renées" wie auch die Interpretation ihrer Analytikerin enthält. Renée ist das Pseudonym von Louisa Düss, die nach ihrer Heilung von Sechehaye adoptiert und selbst Psychoanalytikerin wurde.
Von 1951 bis 1952 hielt Marguerite Sechehaye gemeinsam mit ihrer Adoptivtochter an der psychiatrischen Klinik Burghölzli in Zürich eine Reihe von Vorlesungen, die 1954 unter dem Titel Introduction à une psychothérapie des schizophrènes erschienen sind. (Artikelanfang)
Die aus München stammende Martha Böddinghaus kam um 1910 nach Zürich, um bei Carl Gustav Jung zu studieren und eine Analyse bei ihm zu machen. Danach praktizierte sie als Psychoanalytikerin und nahm 1911 am Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Weimar teil. In Zürich heiratete sie den mit Jung befreundeten Schweizer Geschäftsmann Hermann Sigg (1875-1927), Teilhaber einer Olivenölfabrik in Küsnacht. Sie gehörte zum "Kreis der Sieben", einer Gruppe von Frauen um Emma Jung, die sich für die Situation der Frau interessierten. Ihr Mann war Finanzchef des 1916 in Zürich gegründeten Psychologischen Clubs der Jungianer.
Martha Sigg-Böddinghaus wurde eine Anhängerin der Analytischen Psychologie, die C. G. Jung nach seinem Bruch mit Sigmund Freud 1913 begründete. Von ihr kam der Vorschlag, Nietzsches Also sprach Zarathustra zu lesen, was zu Jungs Zarathustra-Seminar von 1934 bis 1939 führte.
Marcelle Spira wurde in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuchâtel geboren als Tochter von Nathan Spira, Kantor der jüdischen Gemeinde, und Marguerite Ditesheim. Sie absolvierte in der Schweiz ein Psychologiestudium und heiratete 1931 den Kaufmann Paul Théodore Schwob (1903-?), von dem ihr Sohn Gilbert stammt. Die Ehe wurde später wieder geschieden. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte sie mit ihrer Familie nach Argentinien, wo sie ihre psychoanalytische Ausbildung bei kleinianischen Analytiker:innen der Asociación Psicoanalítica Argentina erhielt, darunter Enrique Pichon-Rivière und Arminda Aberastury. Ihre Lehranalytikerin war Marie Langer. Anschließend arbeitete Marcelle Spira in Buenos Aires als Psychoanalytikerin für Kinder und Erwachsene. Als die Regierung Perón Anfang der 1950er Jahre die Ausübung der Psychoanalyse nur noch Ärzten erlaubte, verlor Marcelle Spira ihren Arbeitsplatz und wurde aus allen Institutionen entfernt, für die sie tätig war.
1955 kehrte sie in die Schweiz zurück und einer Einladung Raymond de Saussures folgend, ließ sie sich in Genf nieder. Sie wurde Mitglied der Société Suisse de Psychanalyse (SSPsa), später Lehranalytikerin und einflussreiche Leiterin des Unterrichtsausschusses der SSPsa. Als Vertreterin der Ideen Melanie Kleins gelang es ihr nach anfänglichen Widerständen eine kleinianische Strömung in der Schweizer Gesellschaft zu begründen. Regelmäßig lud sie Kleinianer:innen aus London zu Vorträgen in die Schweiz ein, darunter auch Melanie Klein selbst. Zu Spiras Analysanden zählten u. a. Jean Bégoin und Pedro Luzes, die die kleinianischen Ideen in Frankreich bzw. Portugal einführten.
Marcelle Spira setzte sich besonders mit der Kreativität des Analytikers auseinander, die sich aus dessen Freiheit speise und mit der des Künstlers vergleichbar sei. Sie hob dabei die körperlich-sensorischen Wahrnehmungen als Inspirationsquelle für die analytische Deutung hervor. In ihrem letzten Buch L'idealizzazione beschrieb sie die Idealisierung als Abwehrsystem gegen die Wahrnehmung von Trennungsangst.
1981 zog Marcelle Spira nach Italien in ihr Haus auf der Isola del Giglio, wo sie noch bis in ihr hohes Alter Supervisionen durchführte. (Artikelanfang)
Lise Tripet wurde in La Chaux-de-Fonds in der Westschweiz geboren. Sie war das einzige Kind von Gaston Schelling und Lydie geb. Bringold, beide aus Uhrmacherfamilien stammend und in der sozialistischen Linken aktiv. Nach der Matura 1949 ging Lise Schelling zusammen mit ihrem späteren Mann Edgar Tripet (1930-2019) nach Paris, um Literaturwissenschaft, Germanistik und Linguistik zu studieren. 1951 heirateten sie und 1954 wurde ihr Sohn Nicolas geboren. Ein Jahr später kehrte die Familie nach La-Chaux-de-Fonds zurück, wo Edgar Tripet Geschichte unterrichtete und später Gymnasialdirektor wurde. Lise Tripet begann - angeregt durch Solange Faladé - eine Psychoanalyse, die zehn Jahre dauerte.
Nach der Lektüre der Arbeiten von Claude Lévi-Strauss entschloss sie sich zu einem Studium der Ethnologie an der Universität Neuchâtel, das sie 1965 beendete. Ein Jahr später unternahm Lise Tripet ihre erste Reise in den Senegal und beteiligte sich an der Ausstellung "Premier festival mondial des arts nègres" in Dakar. 1968 organisierte sie anlässlich des ersten panafrikanischen Psychiatriekongresses in Dakar die Ausstellung künstlerischer Arbeiten von Patienten aus dem von Henri Collomb geleiteten Zentrum für transkulturelle Psychiatrie Fann der Universität Dakar.
Lise Tripet wandte sich der Ethnopsychoanalyse zu und begann 1970 eine Lehranalyse bei Fritz Morgenthaler in Zürich. Von 1971 an verbrachte sie acht Jahre im Senegal, wo sie als Psychoanalytikerin in privater Praxis und an der psychiatrischen Universitätsklinik Dakar-Fann arbeitete. 1979 kehrte sie in die Schweiz zurück und eröffnete eine psychoanalytische Privatpraxis in La-Chaux-de-Fonds. Außerdem beteiligte sie sich von 1980 bis 1986 an den Veranstaltungen des Psychoanalytischen Seminars Zürich. Von 1982 bis 1984 arbeitete sie als delegierte Psychologin in der Praxis des Psychiaters H. P. Meyer in Zürich, wo sie vor allem Migrant:innen aus Süditalien betreute.
Lise Tripets wichtigste Veröffentlichung Wo steht das verlorene Haus meines Vaters? bezieht sich auf ihre Tätigkeit in Senegal. Das Buch enthält zwei Fallgeschichten senegalesischer Patienten und eine dritte Fallgeschichte, die zum Teil ihre Selbstanalyse darstellt. Sie bestätigt darin die von der Ethnopsychoanalyse betonte und von der klassischen Psychoanalyse in der Regel vernachlässigte Bedeutung der gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen. (Artikelanfang)
Judith Valk wurde in Budapest als Tochter einer großbürgerlichen jüdischen Familie geboren. Ihr Vater war Kardiologe, ihre Mutter starb, als Judith vier Jahre alt war. Die zweite Frau ihres Vaters erlebte sie als eine harte, strenge Stiefmutter. Nach der Besetzung Ungarns durch die Deutschen gehörte ihre Familie zu einer Gruppe von Juden, die 1944 mit dem sog. Kasztner-Transport nach einer Internierung im KZ Bergen-Belsen in die Schweiz ausreisen konnten. Von dort emigrierten sie 1945 weiter nach Palästina.
Judith Valk lebte zwei Jahre lang in einem Kibbuz südlich von Tel Aviv. Danach erwarb sie das Lehrerpatent und arbeitete als Volksschullehrerin. Sie heiratete einen Israeli und kam durch ihren Ehemann erstmals bewusst mit der Psychoanalyse in Kontakt. Die Ehe hielt nicht, aber Judith Valk hatte ihre Berufung gefunden.
1954 kam sie nach Zürich, um eine Ausbildung am Biäsch-Institut (Institut für Angewandte Psychologie) zu machen und an der Universität Psychologie zu studieren. Ihre Analyse absolvierte sie bei Paul Parin, und 1958 gehörte sie zu dem Kreis um Parin, Goldy Parin-Matthèy und Fritz Morgenthaler, der das linksorientierte Psychoanalytische Seminar Zürich (PSZ) gründete. Ende der 1960er Jahre schloss sie sich der antiautoritären "Plattform" an, die für eine gesellschaftskritische, sozial engagierte Psychoanalyse eintrat. Judith Valk trat dafür ein, die Psychoanalyse auch weniger privilegierten Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. So begleitete sie in den 1970ern mehrere Jahre lang als Beraterin die Arbeit von antiautoritären Kindergärten. Sie war mit Marie Langer befreundet und unterstützte deren Arbeit für die Salud Mental in Nicaragua.
Judith Valk war über dreißig Jahre im PSZ tätig, als Dozentin, Supervisorin und Bibliothekarin. Sie publizierte vor allem über Narzissmustheorien und gab 2005 Fritz Morgenthalers Psychoanalyse, Traum, Ethnologie heraus. (Artikelanfang)
Hannelore Wildbolz-Weber wurde in München geboren als zweite Tochter eines Sudetendeutschen und einer Wienerin. Sie studierte Medizin in München und Zürich, wo sie 1969 mit dem Schweizer Staatsexamen abschloss. Danach spezialisierte sie sich in Psychiatrie und arbeitete an der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli. Hier lernte sie Alexander Wildbolz kennen, mit dem sie 1974 ihre zweite Ehe einging.
Sie absolvierte eine Lehranalyse bei Martha Eicke in Zürich und wurde 1986 außerordentliches und 1995 ordentliches Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychoanalyse (SGPsa). Gemeinsam mit ihrem Mann beteiligte sie sich am Aufbau einer psychoanalytischen Arbeitsgruppe in Bern, die Anfang der 1980er Jahre aus einer Melanie Klein-Lesegruppe um Kaspar Weber hervorgegangen war. Bis 1999 war sie Leiterin der Berner Arbeitsgruppe, die 2000 in Sigmund-Freud-Zentrum Bern umbenannt wurde.
Hannelore Wildbolz war besonders als Ausbildungsanalytikerin aktiv, sie hielt Vorträge und Seminare, organisierte die Ausbildungsprogramme der Berner Gruppe und präsidierte auch den SGPsa Unterrichtsausschuss für die Deutsche Schweiz. Neben ihrer Praxis als niedergelassene Psychoanalytikerin in Bern war sie als Supervisorin in verschiedenen bernischen psychiatrischen Institutionen tätig. Ihre von 1996 bis 2008 gehaltenen Vorlesungen über Theorie und Klinik der Psychoanalyse an der Medizinischen Fakultät der Universität Bern wurden postum von Alexander Wildbolz herausgegeben.
In ihrem Aufsatz Wurzeln und Fesseln der Perversion stellte Hannelore Wildbolz eine Verbindung zwischen autistischen Zügen und Perversion her. Demnach gehört zur Ätiologie der Perversion das Trauma eines sehr frühen Beziehungsabbruchs durch die Mutter zu einer Zeit, wo das Kind noch keine Beziehung zu einem ganzen Mutterobjekt gebildet hat, sondern nur zu einzelnen Körperteilen. Die Folgen sind eine autistisch-adhäsive Fixierung, ein beschädigtes Körperbild und eine unsichere sexuelle Identität. (Artikelanfang)
Antonia Anna "Toni" Wolff war eine Vertreterin der Analytischen Psychologie, die Carl Gustav Jung (1875-1961) nach seinem Bruch mit Sigmund Freud 1913 begründete. Sie wurde in Zürich als erste von drei Töchtern des wohlhabenden Kaufmanns Konrad Arnold Wolff und seiner Frau Anna Elisabetha Sutz geboren. Ihre Familie, eine der angesehensten und ältesten in Zürich, gehörte der Schweizer Reformierten Kirche an. Nach dem Besuch des Lyceums schrieb Toni Wolff sich als Gasthörerin an der Universität Zürich ein und besuchte dort mehrere Jahre lang Vorlesungen über Religionswissenschaft, Philosophie und Mythologie.
Als sie nach dem Tod ihres geliebten Vaters 1909 in Depressionen verfiel, schickte ihre Mutter sie zu C. G. Jung in Behandlung. Dieser entdeckte ihre analytische Begabung und nahm sie 1911 zum Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Weimar mit. Im Laufe ihrer Analyse, die bis 1919 dauerte, entwickelte sich eine Liebesbeziehung zwischen Toni Wolff und C. G. Jung. Sie wurde seine Schülerin, Assistentin und offizielle "Zweitfrau" neben Emma Jung. Anfang der 1930er Jahre, als Toni Wolff zum Ärger Jungs dessen Interesse für Alchemie nicht teilte, kam es zu einer Entfremdung zwischen ihnen. Diese vertiefte sich, als sich nach Jungs Herzinfarkt 1944 die Beziehung zu seiner Frau wieder intensivierte.
Toni Wolff gehörte 1916 in Zürich zu den Gründungsmitgliedern des Psychologischen Clubs, einer Vereinigung der Anhänger von C. G. Jungs Analytischer Psychologie, und amtierte von 1928 bis 1945 als Präsidentin des Clubs.
Sie veröffentlichte neben Einführungen in Jungs "Komplexe Psychologie" - diesen Ausdruck zog sie dem der Analytischen Psychologie vor - auch einen Aufsatz zur Psychologie der Frau auf der Grundlage der Jungschen Typologie. Unter ihrer Mitwirkung prägte Jung die Begriffe "Animus" und "Anima" ebenso wie "Persona".
Obwohl Toni Wolff die letzten Jahre unter schwerer Arthritis litt, führte sie bis kurz vor ihrem Tod Therapien durch. Sie starb an einem Herzinfarkt. (Artikelanfang)
Ilka von Zeppelin wurde in Berlin geboren als Tochter von Edith Haunhorst und Harro von Zeppelin. Ihre Großmutter mütterlicherseits war die Künstlerin Olga Haunhorst. Ihr Vater war Agrarwissenschaftler und während der NS-Zeit Adjutant im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Nach Kriegsende lebte sie von 1948 bis 1950 bei einer Quäker-Pflegefamilie in Irland.
Ilka von Zeppelin studierte Psychologie in Freiburg und war nach ihrem Diplom ab 1961 Lehrbeauftragte in Klinischer Psychologie an der Universität Zürich und wissenschaftliche Mitarbeiterin von Ulrich Moser (*1925). Moser, der als erster Psychoanalytiker an der Universität Zürich ordiniert worden war, wurde ihr Ehemann. 1965 promovierte sie über die projektive Holtzman Inkblot Technique. Sie machte eine Analyse bei Fritz Morgenthaler und absolvierte ihre psychoanalytische Ausbildung in den 1960er Jahren am Psychoanalytischen Seminar Zürich. Hier gehörte sie 1968 zu den Mitinitiator:innen der Gruppe "Plattform", die für eine gesellschaftskritische, sozial engagierte Psychoanalyse eintrat. Sie praktizierte als niedergelassene Psychoanalytikerin in Zürich.
Seit den 1960er Jahren widmeten sich Ilka von Zeppelin und Ulrich Moser der theoretischen Weiterentwicklung psychoanalytischer Konzepte im Dialog mit der kognitiven Psychologie. Ihr Bezugsrahmen ist zwar ein psychoanalytischer, aber zur systematischen Erfassung und Kodierung der kognitiv-affektiven Vorgänge von Abwehrprozessen und Träumen wenden sie informationstheoretische Konzepte an. So entwickelten sie ein "Traumgenerierungsmodell", das den Ablauf des geträumten (manifesten, primär bildhaften) Traums - im Unterschied zum erzählten Traum - in ein Kodiersystem überführt und als Folge eines kognitiv-affektiv gesteuerten Regulierungsprozesses erklärt. Dieses Verfahren erlaubt eine objektive Darstellung der Traumarbeit, die nach Moser und von Zeppelin darin besteht, die im "Traumkomplex" inszenierten Konflikterfahrungen einem inneren Informationssystem der gespeicherten kognitiven und affektiven Modelle über sich und seine Umwelt anzupassen und einzugliedern. (Artikelanfang)