Gerda Dina Barag, in Berlin als Tochter eines Arztes geboren, war seit ihrer Jugend in der zionistischen Bewegung aktiv. Sie studierte Medizin in Berlin, wo sie ihren Mann kennenlernte, den aus Russland stammenden Arzt Gershon Barag (1902-1957). Dieser lebte seit seiner Kindheit in Palästina, hatte in Deutschland Medizin studiert und machte nun in Berlin eine Lehranalyse bei Jenö Harnik. Nach Hitlers Machtübernahme brach Gerda Barag ihr Studium vorzeitig ab und folgte ihrem Mann in die Schweiz nach Zürich, wo sie in der psychiatrischen Klinik in Münsingen arbeitete. Sie kehrte nach Deutschland zurück, um in Berlin ihr Medizinstudium abzuschließen und 1935 zu promovieren.
Ende 1935 emigrierten die Barags über die Schweiz und London nach Palästina und ließen sich in Tel Aviv nieder. Gerda Barag spezialisierte sich als Fachärztin für Psychiatrie und absolvierte von 1935 bis 1938 eine Lehranalyse bei Mosche Wulff. 1946 wurde sie, wie bereits ihr Mann, ordentliches Mitglied der Palestine Psychoanalytic Society, ab 1948: Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel, der sie zwanzig Jahre lang auch als Schatzmeisterin diente. Sie lehrte am Israel Psychoanalytic Institute und an der School of Psychiatry der Universität Tel Aviv. Ihre Tochter wurde Psychiaterin wie ihre Eltern, ihr Sohn Dan Professor für Archäologe.
Besondere Bedeutung kommt Gerda Barags 1956 veröffentlichtem Artikel über Spätreaktionen bei KZ-Befreiten zu, in dem sie Shoah-Überlebende erstmals als gesonderte Gruppe behandelte und die Bewusstseinsstörungen ihrer Patientinnen auf deren traumatische Erfahrungen im Konzentrationslager zurückführte. Damit leitete sie in Israel eine Wende in der psychiatrischen Forschung zu diesem Thema ein, denn bis dahin hatte man keinen Kausalzusammenhang zwischen psychischer Erkrankung und dem Shoah-Trauma gesehen.
Gerda Barak erkrankte am Ende ihres Lebens an einem Pankreaskarzinom und starb im Alter von 72 Jahren an einem Herzinfarkt. (Artikelanfang)
Vicky Bental wurde als Victoria Newman, Tochter von Rudolph Newman und Else geb. Oppenheimer, in Köln geboren und wuchs in Berlin auf. Sie studierte an verschiedenen Universitäten Medizin, so auch in Wien, wo sie an Tuberkulose erkrankte und ihr Studium unterbrechen musste. 1933 kehrte sie nach Berlin zurück und setzte ihre klinische Ausbildung in der Charité fort. Während dieser Zeit schloss sie sich zionistischen Gruppen an und lernte dort ihren Mann kennen, den Bankangestellten Artur Blumenthal, später Asher Bental (1900-1967), den sie 1934 heiratete. Sie bekamen drei Kinder.
1935 wurde sie als Jüdin von der Facharztausbildung ausgeschlossen. Ein Jahr später emigrierte das Ehepaar Blumenthal nach Palästina und ließ sich 1938 in Haifa nieder. Vicky Bental machte eine Lehranalyse bei Berta Grünspan und begann 1949 als Psychoanalytikerin zu praktizieren. Im Jahr darauf erhielt sie ihre Approbation als Ärztin, und 1963 wurde sie als Fachärztin für Psychiatrie zugelassen.
Als 1948, im Jahr der Gründung des Staates Israel, die Palästinensische Psychoanalytische Gesellschaft in Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel (HHBI), umbenannt wurde, zählte Vicky Bental zu den ersten Mitgliedern. 1953 nahm sie als Vertreterin der HHBI am IPA-Kongress in London teil, und von 1970 bis 1975 war sie Präsidentin der HHBI. Sie gab Einführungskurse in Psychoanalyse für Erzieher:innen in Haifa und aus örtlichen Kibbuzim, lehrte Psychologie am Lehrercollege Oranim und arbeitete seit den 1960er Jahren als Beraterin der Jugend-Alija (Aliyat Hano'ar).
Vicky Bental starb 85-jährig in Haifa an den Folgen eines Schlaganfalls. (Artikelanfang)
Margarete Miriam Brandt wurde in Bronischewitz in Posen geboren, sie war das älteste von drei Kindern des Rittergutsbesitzers Isaak Brandt und seiner Frau Amalie Joachim. 1911 legte sie in Berlin ihr Abitur an der Auguste-Viktoria-Schule zu Charlottenburg ab und besuchte anschließend die Land- und Hauswirtschafts-Frauenschule Arvedshof in Sachsen. Anschließend studierte sie Medizin in Berlin, Freiburg und Heidelberg, wo sie 1918 promovierte. Im Jahr darauf eröffnete sie in Berlin eine Praxis als Allgemeinmedizinerin. Von 1926 bis 1933 war sie außerdem Stadtschulärztin in Berlin-Lichtenberg. 1927 wurde sie Mitglied im Verein sozialistischer Ärzte. Zur gleichen Zeit begann sie eine Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut. Ihr Lehranalytiker war Franz Alexander, Kontrollanalytiker Max Eitingon.
Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, emigrierte Margarete Brandt 1933 wie Max Eitingon nach Palästina. Ein Jahr später wurde sie Eitingons erste Assistentin am Palestine Psychoanalytic Institute in Jerusalem, wo sie bis zu ihrer Pensionierung 1964 als Psychoanalytikerin tätig war. 1935 wurde sie außerordentliches, 1939 ordentliches Mitglied der Palestine Psychoanalytic Society, ab 1948 Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel. Sie betreute unter anderem schwer erziehbare Kinder in Zusammenarbeit mit der Schulfürsorge in Jerusalem. 1943 übernahm sie nach Eitingons Tod die Leitung des Psychoanalytischen Instituts, das nun in Max Eitingon Institute of Psychoanalysis umbenannt wurde.
Miriam Margarete Brandt blieb unverheiratet und lebte zusammen mit ihrer Schwester Elfriede Brandt in ihrem Haus in Jerusalem, in dem auch das Psychoanalytische Institut untergebracht war. (Artikelanfang)
Yolanda Mejerovich Gampel wurde in Buenos Aires geboren. Sie studierte Psychologie in Buenos Aires und lernte die argentinische psychoanalytische Schule kennen, bevor sie 1963 nach Israel kam. Da für die Ausbildung bei der Israel Psychoanalytic Society - hebräisch: Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel (HHBI) - ein Doktortitel erforderlich war, promovierte sie 1973 bei Didier Anzieu an der Universität Paris-Nanterre mit einer Dissertation zum Körperbild.
Danach kehrte sie nach Israel zurück, absolvierte hier ihre psychoanalytische Ausbildung und wurde Lehranalytikerin und Supervisorin der HHBI. Von 1989 bis 1991 war sie Präsidentin der HHBI und von 2001 bis 2005 Vizepräsidentin der Europäischen Psychoanalytischen Föderation. Von 2007 bis 2011 gehörte sie dem Vorstand der International Psychoanalytical Association an. Sie lehrte bis zu ihrer Emeritierung Psychologie und Psychotherapy an der Sackler Medical School und der School of Psychological Science der Universität Tel Aviv. Außerdem war sie Gastprofessorin an der Universität Paris-Nanterre (1985-1987) und der Universität Lyon 2 (2000-2001). 2001 erhielt sie den von der IPA verliehenen Hayman Prize für Veröffentlichungen zu traumatisierten Kindern und Erwachsenen und 2005 den Sigourney Award für bedeutende Beiträge auf dem Feld der Psychoanalyse.
Yolanda Gampels Arbeitsschwerpunkt bilden die Auswirkungen soziopolitischer Gewalt auf Kinder und Jugendliche. Bekannt wurde sie besonders durch ihre Arbeiten zum Verständnis von Traumatisierung und deren transgenerationalen Weitergabe. Ausgangspunkt war ihre psychoanalytische Arbeit mit Shoah-Überlebenden und deren Kinder sowie Untersuchungen über die Fähigkeit, mit traumatischen Situationen fertigzuwerden. In diesem Zusammenhang verwendet Yolanda Gampel den Begriff der "radioaktiven Identifizierung": Die traumatisierende Gewalterfahrung hat Psyche und Körper der Überlebenden „verstrahlt“ und verbreitet gleich einem „radioaktiven Niederschlag“ ihre diffuse Schadwirkung. Versteckt in Bildern, Alpträumen und Symptomen bleibt das Trauma virulent und kann durch unbewusste „radioaktive Identifizierung“ an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.
Seit der ersten Intifada (1987-1993) arbeitet Yolanda Gampel in einem israelisch-palästinensischen Mental Health-Projekt und bildet in Tel Aviv und in Gaza Menschen, die im Bereich psychischer Gesundheit arbeiten, in psychoanalytischer Psychotherapie aus. (Artikelanfang)
Naomi Gluecksohn (Glueckson, Glücksohn, Glikson, Glickson) wurde in Odessa geboren, als älteste Tochter von Moses Gluecksohn (Moshe Glikson) und Malka (Masha) geb. Leipuner. Ihr Vater war Journalist und eine führende Persönlichkeit in der zionistischen Bewegung in Odessa. 1919 wanderte ihre Familie nach Palästina aus, wo ihr Vater von 1923 bis 1938 Chefredakteur der Zeitung Haaretz war.
Naomi Glücksohn studierte von 1931 bis 1933 Psychologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Zurück in Palästina gehörte sie zu den ersten Kandidat:innen am 1934 eröffneten Lehrinstitut der Chewrah Psychoanalytith b'Erez Israel in Jerusalem. Inzwischen mit Abraham Weiss verheiratet, wurde Naomi Weiss-Glueckson 1958 außerordentliches, 1967 ordentliches Mitglied und später Lehranalytikerin der Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel. Von 1975 bis 1977 war sie Vorsitzende des Ausbildungsausschusses am Max Eitingon Institute of Psychoanalysis in Jerusalem. Sie trug wesentlich zur Entwicklung der Kinderanalyse in Israel bei. (Artikelanfang)
Lea (auch Leah) Goldberg wurde in Bielsko in Polen geboren als Tochter des polnisch-jüdischen Unternehmers Wolf Goldberg und seiner Frau Hermine geb. Israeler. Ihre jüngere Schwester Raquel Berman war ebenfalls Psychoanalytikerin. Lea Goldberg besuchte das Gymnasium in Vilnius in Litauen, bis ihre Familie sich nach dem Hitler-Stalin-Pakt 1939 auf eine abenteuerliche Flucht begab, die sie über Litauen, die Sowjetunion, Korea und Japan bis schließlich nach Mexiko führte.
Lea Goldberg studierte von 1944 bis 1947 an der Academia de San Carlos, einer Kunsthochschule in Mexiko-Stadt, zog aber nach ihrer Heirat mit einem polnischen Psychiater nach Argentinien. Sie studierte von 1951 bis 1958 in Buenos Aires Medizin, promovierte und absolvierte eine psychoanalytische Ausbildung bei der Asociación Psicoanalítica Argentina (APA). 1957 gehörte sie dem APA-Komitee an, das das 5. Symposium für Kinderpsychoanalyse organisisierte. Ein Jahr später emigrierte sie nach Israel und war dort vier Jahre als Analytikerin tätig.
Ab 1962 lebte sie wieder einige Jahre in Mexiko und wurde Mitglied der Asociación Psicoanalítica Mexicana. Sie ging dann in die USA und praktizierte von 1970 bis 1985 als Psychoanalytikerin in Washington D. C. Während dieser Zeit arbeitete sie in der psychiatrischen Klinik Chestnut Lodge in Rockville, wo unter Frieda Fromm-Reichmann in den 1930er und 1940er Jahren eine therapeutische Gemeinschaft mit familienähnlichen Strukturen entstanden war.
Schließlich ging sie 1985 wieder nach Israel und lehrte und arbeitete dort bis 2006 als niedergelassene Psychoanalytikerin und Mitglied der Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel. 1989 nahm sie als Moderatorin und Gruppenleiterin am ersten Osteuropa-Seminar teil, das in Ungarn stattfand.
2006 kehrte sie zu ihrer Familie nach Mexiko zurück, wo sie im Alter von 89 Jahren starb. (Artikelanfang)
Berta (Betty Beile) Grünspan wurde als zweites von sechs Kindern des jüdischen Kaufmanns Hermann Grünspan in Niedzybrodrie in Galizien geboren. Sie besuchte dort die deutschsprachige Schule, bis sie mit vierzehn Jahren zum Lebensunterhalt der Familie beitragen musste und Nachbarskinder unterrichtete. Als sie 17 Jahre alt war, ging sie nach Wien, um sich zur Krankenschwester ausbilden zu lassen. Anschließend arbeitete sie als OP-Schwester am Wiener Rothschildspital. Während des Ersten Weltkriegs pflegte sie verletzte Soldaten an der serbischen Front und beschloss Ärztin zu werden. Sie holte die Matura nach und studierte von 1917 bis 1924 Medizin an der Universität Wien. Anschließend arbeitete sie als praktische Ärztin im Lainzer Versorgungsheim der Stadt Wien.
Durch ihr Engagement in der sozialistischen Bewegung und ihr Interesse für den Zionismus und die Frauenemanzipation kam Berta Grünspan in den 1920er Jahren mit der Psychoanalyse in Berührung. Sie machte eine Analyse bei Willi Hoffer und ab 1933 Kontrollanalysen bei Hermann Nunberg, Jeanne Lampl-de Groot und Grete Bibring. 1937 wurde sie außerordentliches Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Sie war auch Mitarbeiterin der Psychoanalytischen Ambulanz. Zu ihren Analysanden in dieser Zeit zählte der Psychoanalytiker Frederick Wyatt.
Nachdem ihr 1933 die Stelle beim Versorgungsheim gekündigt worden war, arbeitete Berta Grünspan in einem jüdischen Privatspital. 1938, als die Nazis in Wien einmarschierten, emigrierte sie nach Palästina. Sie ließ sich in Haifa nieder und eröffnete dort 1941 eine psychoanalytische Praxis. Als Mitglied und Lehranalytikerin der Chewrah Psychoanalytith b'Erez-Israel, ab 1948 Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel (HHBI), war sie wesentlich an der Entwicklung der Psychoanalyse in Palästina beteiligt. Gemeinsam mit Karl Friedjung und Ilja Schalit bildete sie die einflussreiche Haifa-Gruppe der HHBI.
1955 übersiedelte Berta Grünspan in den Kibbuz von Yfat, wo sie als Ärztin und Analytikerin tätig war und bis zu ihrem Tod lebte. Noch mit über achtzig Jahren hielt sie Sprechstunden in der psychiatrischen Abteilung des nahegelegenen Krankenhauses in Afule ab. Sie starb im Alter von 85 Jahren an Krebs. (Artikelanfang)
Ruth Jaffe wurde in Berlin als einzige Tochter einer deutsch-jüdischen Familie geboren. Ihr Vater Alfons Jaffe war Fabrikant und ihre Mutter Alice geb. Holländer war Turnlehrerin. Von 1927 bis 1933 studierte Ruth Jaffe Medizin in Berlin, Freiburg und Wien und legte 1933 an der Universität Berlin ihr Staatsexamen ab. Ihre Facharztausbildung am Rudolf-Virchow-Krankenhaus musste sie nach Hitlers Machtergreifung abbrechen. Sie emigrierte 1933 in die Schweiz und promovierte 1934 in Zürich über das Schicksal von Kindern mit Hirntumoren. Noch im gleichen Jahr wanderte sie nach Palästina aus.
Als sie nach zwei Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit am Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem keine Stelle als Ärztin fand, ließ sie sich von 1936 bis 1937 an Siddy Wronskys "Schule für den Sozialdienst" zur Sozialarbeiterin umschulen. Danach leitete sie von 1938 bis 1943 die Wohlfahrtsabteilung beim Vaad Leumi (Nationalrat der Juden in Palästina) in Rishon-le-Zion, bevor sie sich zur Psychiaterin weiterbildete. Von 1943 bis 1949 arbeitete sie am Geha Mental Health Center, wo sie ab 1951 geschäftsführende Direktorin war. 1953 wurde sie Klinische Direktorin des Shalvata Mental Health Hospital in Magdiel, Hod HaSharon, eine Position, die sie bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1973 innehatte.
Mit Heinrich Winnik zählte Ruth Jaffe zu den ersten Psychoanalytiker:innen in Israel, die ein psychiatrisches Krankenhaus leiteten. Ihr Lehranalytiker war Mosche Wulff, ein Mitgründer der Psychoanalytischen Vereinigungen in Russland und in Palästina. 1950 wurde sie außerordentliches und 1954 ordentliches Mitglied der Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel. Seit 1960 war sie Lehranalytikerin am Israel Institute of Psychoanalysis. Ab 1968 lehrte sie außerdem Psychiatrie an der Medizinischen Fakultät der Universität Tel Aviv. Ein Schwerpunkt Ruth Jaffes war die Erforschung der Bewältigungsstrategien von Holocaust-Überlebenden. (Artikelanfang)
Fanja (Fanny) Lowtzky wurde in Kiew geboren als eines von sieben Kinder des wohlhabenden russisch-jüdischen Textilgroßhändlers Isaak Schwartzmann. Einer ihrer Brüder war der Religionsphilosoph Lew Schestow (Leo Schwarzmann). 1898 begann sie ein Philosophiestudium in Bern und promovierte 1910 über Heinrich Rickert. Seit 1898 mit dem jüdischen Komponisten Hermann Lowtzky (1871-1957) verheiratet, zog sie mit ihm 1914 nach Genf, wo sie bis 1923 lebten. Ob sie in Genf eine erste Analyse bei Sabina Spielrein machte, ist nicht belegt.
1923 ging Fanja Lowtzky nach Berlin und absolvierte dort eine Lehranalyse bei dem ebenfalls aus Russland stammenden Max Eitingon. Von 1928 bis 1935 war sie ordentliches Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft. 1935 erschien im Internationalen Psychoanalytischen Verlag ihr Buch über Sören Kierkegaard, in dem sie beschreibt, wie nahe dieser der Entdeckung seines Ödipuskonflikts kam, den er mit philosophischen und religiösen Begriffen zu lösen suchte.
Nach der Machtübernahme Hitlers emigrierte Fanja Lowtzky 1933 mit ihrem Mann zunächst nach Paris, wo sie Mitglied der Société Psychanalytique de Paris wurde. Einer ihrer Analysanden in dieser Zeit war der französische Schriftsteller Raymond Queneau. 1939 wanderte das Ehepaar nach Palästina aus. Fanja Lowtzky wurde 1941 ordentliches Mitglied und 1944 Lehranalytikerin der Palästinensischen Psychoanalytischen Vereinigung Chewrah Psychoanalytith b'Erez-Israel (CPEI), die 1933 von Eitingon, Mosche Wulff, Anna Smeliansky und anderen gegründet worden war.
1940 richtete sie am Jerusalemer psychoanalytischen Institut ein Seminar für Lehrer, Jugendleiter und Kindergärtnerinnen ein. Mit diesem zweijährigen Kurs für psychoanalytische Heilpädagogik, die sich an August Aichhorns Arbeit mit verwahrlosten Kindern orientierte, trug Fanny Lowtzky wesentlich zur Verbreitung der Psychoanalyse im israelischen Erziehungswesen bei. Gefördert durch die Hadassah Medical Organisation, führte Lowtzkys Lehrer-Seminar 1942 zur Gründung der Palestine Association for Mental Hygiene und der Zeitschrift Higiena Ruhanith [Zeitschrift für psychische Hygiene].
Bei der CPEI, seit 1948 Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel (HHBI), stieß der heilpädagogische Ansatz der nicht-ärztlichen "Laienanalytikerin" Fanny Lowtzky jedoch auf Ablehnung: Ihr wurde vorgeworfen, sich zu sehr von der klassischen Methode zu entfernen und Aichhorns Methode mit einem Maximum an Gewähren zu verwässern. 1952 beschloss die HHBI die Schließung ihres pädagogischen Seminars. Fanny Lowtzky arbeitete weitere vier Jahre als Lehranalytikerin der israelischen Gesellschaft, bevor sie 1956 nach Zürich übersiedelte, wo sie im Alter von 91 Jahren starb. (Artikelanfang)
Die Kinderpsychiaterin Hilde Marberg wurde als Mathilde Nussbaum in Freiburg geboren, die Tochter von Max Nussbaum und Fanny geb. Maier. Sie wuchs in einer angesehenen jüdischen Familie in Hanau auf, wo ihr Vater als Rechtsanwalt und Notar tätig war. Sie begann ein Medizinstudium, das sie jedoch nach Hitlers Machtergreifung 1933 abbrechen musste. Gemeinsam mit ihrer Familie emigrierte sie 1934 über Basel nach Palästina. Um ihr Studium und ihre Facharztausbildung zu beenden, ging Mathilde Nussbaum wieder in die Schweiz und promovierte 1936 an der Universität Basel.
Anschließend kehrte sie nach Palästina zurück und diente während des Arabischen Aufstands als Ärztin der zionistischen paramilitärischen Organisation "Hagana". Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich als Laborassistentin. 1939 heiratete sie den Arzt und Bakteriologen Kurt Marberg (1910-1964), aus ihrer Ehe gingen eine Tochter und ein Sohn hervor.
Die Marbergs lebten zunächst in Haifa und ließen sich dann im Bezirk Tel Aviv nieder, wo Hilde Marberg als Kinderpsychiaterin arbeitete, u. a. im Hadassah- und im Tel Hashomer-Hospital. Danach war sie als Chefärztin für Kinderpsychiatrie in der von Franz Brüll geleiteten psychiatrischen Klinik in Ramat Chen tätig, bis sie 1972 in Pension ging. Sie war außerordentliches Mitglied der Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel und hielt dort 1952 einen Vortrag über einen Fall von Konversionshysterie. Außerdem lehrte sie Kinderpsychiatrie an der Medizinischen Fakultät und dem Department für Psychologie der Universität Tel Aviv.
Hilde M. Marberg starb im Alter von 78 Jahren an Krebs. (Artikelanfang)
Noemi Mibashans Eltern stammten aus Rumänien und waren einige Jahre vor ihrer Geburt nach Palästina ausgewandert. Ihr Vater Abraham Mibashan war Hebräischlehrer und aktiver Zionist, ihre Mutter Rosa Shoshana Rosenblat hatte in Wien Kunst studiert. Die Familie kehrte in den 1920er Jahren nach Rumänien zurück und emigrierte dann nach Argentinien, wo Noemi Mibashan die englische Schule in Buenos Aires besuchte und als Übersetzerin arbeitete. Unter anderem übersetzte sie in den 1940er Jahren Werke von Alfred Döblin und Lion Feuchtwanger ins Spanische sowie 1952 Franziska Baumgartens Buch Das Heldentum der Akademikerinnen im Kriege [El heroismo de las universitarias durante la guerra].
Sie heiratete Isaac Goldenberg (1914-2006), einen argentinischen Rechtsanwalt und späteren Präsidenten der Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas. Aus ihrer Ehe gingen zwei Töchter, Ana Lia (*1948) und Rut, hervor. Noemi Mibashan de Goldenberg studierte in Buenos Aires Medizin und absolvierte eine Analyse bei Marie Langer, der Mitgründerin der Asociación Psicoanalítica Argentina. Später machte sie eine weitere Analyse bei Willy Baranger. Sie gehörte zu den Vertreter:innen der kleinianischen argentinischen Schule und arbeitete als Psychoanalytikerin in Argentinien, bis sie 1972 mit ihren beiden Töchtern nach Israel auswanderte und sich in Ramat Gan bei Tel Aviv niederließ.
Noemi Mibashan war Lehranalytikerin und Supervisorin der Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel und lehrte Psychotherapie an der Universität Tel Aviv. Sie war bis zu ihrer Pensionierung als Psychoanalytikerin in der psychiatrischen Klinik in Ramat-Hen tätig, deren Leitung sie in der Nachfolge des Klinikgründers Franz Brill übernahm.
In ihren letzten Lebensjahren erkrankte Noemi Mibashan an Alzheimer und starb im Alter von 90 Jahren in Ein-Hod. (Artikelanfang)
Rena (Renate) Moses-Hrushovski wurde in Deutschland als Tochter eines Hautarztes geboren. Ihre Familie emigrierte 1939 nach den Novemberpogromen nach Palästina. Sie war in erster Ehe mit dem Literaturwissenschaftler, Dichter und Übersetzer Benjamin Hrushovski, später Harshav (1928-2015) verheiratet, der aus Vilnius stammte und 1948 in Israel eingewandert war. 1959 wurde ihr Sohn Ehud Hrushovski geboren. Anfang der 1980er Jahre heiratete sie den in Berlin geborenen und 1937 nach Palästina emigrierten Psychiater und Psychoanalytiker Rafael Moses (1924-2001), der vor ihr mit der 1979 verstorbenen Agi Bene-Moses verheiratet war.
Rena studierte Psychologie und Sondererziehung bei Carl Frankenstein an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Danach gab sie dort Kurse in Beratung und Gruppendynamik an der Division for Teacher-Counselors. Anfang der 1960er Jahre begann sie mit gestörten Kindern in einer von dem Psychoanalytiker Eli Ilan geleiteten Child Guidance Clinic zu arbeiten. Ihr erster Fall 1963, die Behandlung eines schwer gestörten siebenjähriges Mädchens bis zu dessen 15. Lebensjahr, bildete die Grundlage ihrer Doktorarbeit (1973) und diente in Deployment (1994) der Veranschaulichung ihres Konzepts.
Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt Rena Hrushovski in den 1960er Jahren am Max Eitingon Institute of Psychoanalysis in Jerusalem. Ihr Lehranalytiker war der aus Deutschland emigrierte Erich Gumbel. Sie wurde Mitglied der Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel / Israel Psychoanalytic Society und Lehranalytikerin am Eitingon Institute. Sie war 1984 Mitgründerin der Israel Association for the Study of Group and Organizational Processes (IASGOP) und beteiligte sich zwischen 1979 und 1986 an den Arabisch-Israelischen Dialogen, einem von dem Psychoanalytiker Vamik Volkan und anderen durchgeführten Projekt zur Erforschung von Großgruppenidentitäten in internationalen Konflikten und deren Lösung mithilfe psychoanalytischer Erkenntnisse.
Einen ihrer Schwerpunkte bildete eine Form narzisstischen Charakterwiderstands, den Moses-Hrushovski als "Deployment" bezeichnet. Damit ist die Selbstprogrammierung in ein starres System von Einstellungen, Positionen und Verhaltensweisen gemeint, das dem Schutz des Selbstwertgefühls und der Abwehr unerträglicher Gefühle wie Neid, Scham und Schuld dient. (Artikelanfang)
Margarete (Grete, Margalit) Obernik kam als jüngste Tochter von Adolf Obernik und Augusta geb. Roubiček in Brno zur Welt. Ihre Jugend verbrachte sie in Prag und engagierte sich als junge Frau für die zionistische Idee. Sie war Mitglied, ab 1914 Vorstandsmitglied des zionistischen Klubs jüdischer Frauen und Mädchen in Prag, bevor sie nach Wien ging.
Grete Obernik war Erzieherin und eine Anhängerin der psychoanalytisch orientierten Reformpädagogik Siegfried Bernfelds. Sie gehörte zum Kreis um Jerubbaal, einer 1918/19 von Bernfeld herausgegebenen Zeitschrift der Wiener jüdischen Jugendbewegung, und unterrichtete Kinderpsychologie am jüdischen Pädagogium für Lehrer und Erzieher, das Bernfeld 1918 in Wien gegründet hatte. Außerdem leitete sie den Kindergarten in dem von Bernfeld 1919 eröffneten Kinderheim Baumgarten für jüdische Waisenkinder in Wien.
1920 wanderte Grete Obernik nach Palästina aus, wo sie als Kindergärtnerin und Erziehungsberaterin in Haifa und Jerusalem tätig war. Sie gehörte dort der ersten, 1920 von David Eder und Dorian Feigenbaum gegründeten psychoanalytischen Gruppe an, die sich jedoch nach wenigen Jahren wieder auflöste. Aus dieser Zeit stammt Oberniks Brief aus Palästina, in dem sie sich zur Stellung der Frau in Palästina äußerte. 1923 heiratete sie den aus Czernowitz stammenden Ingenieurwissenschaftler Markus Reiner (1886-1976), der 1922 nach Palästina ausgewandert war und mit dem sie zwei Kinder hatte, Efraim (*1924) und Hannah (*1926).
1925 kehrte sie für einen ersten von mehreren Aufenthalten nach Wien zurück, um die psychoanalytische Ausbildung für Pädagog:innen bei der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) zu beginnen und eine Analyse bei Anna Freud zu machen. 1932/33 war sie zuletzt in Wien als Mitarbeiterin an der von August Aichhorn geleiteten Erziehungseratungsstelle der WPV, zu deren offiziellen Eröffnung im Mai 1933 Aichhorn den einleitenden Vortrag hielt und Grete Reiner-Obernik über den Fall eines 16-jährigen Strichjungen aus ihrer Beratungspraxis referierte (Erste Beobachtungsergebnisse eines Falles aus der Erziehungsberatung).
Wieder in Palästina war sie ab 1934 in der Palästinensischen Psychoanalytischen Gesellschaft Chewrah Psychoanalytith b' Erez Israel (CPEI) aktiv, wurde aber erst ab 1937 als außerordentliches Mitglied geführt. Sie ließ sich in Tel Aviv nieder und hielt Vorträge zu Fragen der Gemeinschaftserziehung und zu sexuellen Problemen. Obwohl sie als nicht-ärztliche "Laienanalytikerin" in der CPEI auf wenig Akzeptanz stieß, trug sie - wie Fanny Lowtzky - wesentlich zur Verbreitung der sozialarbeiterischen und pädagogischen Anwendung der Psychoanalyse in Palästina bei.
1936 bahnte sich Grete Reiners psychische Erkrankung an, die schließlich dazu führte, dass sie sich mit 55 Jahren das Leben nahm. (Artikelanfang)
Natalya (Natalia) Peled, vor 1948 Nathalia Pollack, stammte aus Russland. Sie studierte wie ihr Mann Dov Pollack / Peled (1909-?) Psychologie an der Sorbonne in Paris und promovierte zum Dr. phil. In Paris erhielt sie auch ihre psychoanalytische Ausbildung. Ihr Lehranalytiker war René Spitz, während Dov Peled bei Marie Bonaparte in Analyse war [lt. Liebermann, lt. Israel Psychoanalytic Society umgekehrt].
Von 1936 an lebten Nathalia und Dov Pollack in Palästina, 1937 wurde ihre Tochter Noa geboren. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 hebräisierten sie ihren Namen zu Peled. Sie ließen sich in Tel Aviv nieder und wurden Mitglieder der Palästinensischen Psychoanalytischen Vereinigung Chewrah Psychoanalytith b'Erez Israel (CPEI), ab 1948 Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel.
Natalya Peled gehörte zu den ersten, die in Israel Psychotherapien und Psychoanalysen mit Kindern durchführten. Sie war viele Jahre als Lehranalytikerin und Supervisorin an dem 1937 von David Idelsohn, Martin Pappenheim und Mosche Wulff in Tel Aviv gegründeten Eder-Institut der CPEI tätig. Auch in der Kibbuzbewegung war sie aktiv, wo sie ebenfalls mit Kindern arbeitete. Später konzentrierte sie sich auf die Psychoanalyse von Erwachsenen, bis sie im Alter von 70 Jahren starb. (Artikelanfang)
Alice „Lizzi“ Rosenberger (auch Rosenberg) wurde 1905 in Zagreb, Kroatien, geboren. Sie war mit dem Rechtsanwalt Joel Rosenberger (1903-1999) verheiratet, einem aktiven Zionisten und Herausgeber der zionistischen Zeitschrift Židov in Zagreb. Sie bekamen zwei Kinder: Uri und Timna. Lizzi Rosenberger promovierte zum Dr. phil. und qualifizierte sich zunächst als Individualpsychologin. Von 1938 bis 1941 machte sie dann eine Lehranalyse bei Stjepan Betlheim, der 1937 die erste Psychoanalytische Gesellschaft Jugoslawiens gegründet hatte. Gleichzeitig führte sie gemeinsam mit der Heilpädagogin und Betlheim-Analysandin Annemarie Wolff-Richter ein privates reformpädagogisches Kinderheim in Zagreb, bis sie 1941 angesichts der faschistischen Bedrohung Jugoslawien verließ.
Lizzi und Joel Rosenberger emigrierten 1941 nach Palästina und ließen sich in Tel Aviv nieder. Lizzi Rosenberger machte eine weitere Analyse bei Mosche Wulff und wurde Mitglied und Lehranalytikerin der Palästinensischen Psychoanalytischen Gesellschaft Chewrah Psychoanalytith b'Erez Israel (CPEI), ab 1948 Israel Psychoanalytic Society. Ende des Zweiten Weltkriegs reiste sie nach London, um bei Anna Freud eine kinderanalytische Weiterbildung zu absolvieren.
Lizzi Rosenberger zählt zu den führenden Kinderanalytiker:innen in Israel. Sie spezialisierte sich auf die Behandlung schwer gestörter und verwahrloster Kinder und leitete die Kinderabteilung einer psychiatrischen Klinik in Tel Aviv. Sie war in der Kibbuzbewegung aktiv, hatte eine leitende Position in der sozialistisch-zionistischen Jugendorganisation Hashomer Hatzair und war Dozentin für Kibbuz-Erziehung an der Universität Tel Aviv. Sie arbeitete mit Mosche Wulff im Shalvatah Psychiatric Hospital in Hod haScharon zusammen und veröffentlichte mit ihm 1964 eine viel beachtete Studie über die psychoanalytische Behandlung von Schizophrenie im Kindesalter. Darin werden die Fallgeschichten zweier schizophrener Mädchen im Alter von viereinhalb und sechs Jahren beschrieben, von denen eines im Kibbuz lebte. (Artikelanfang)
Anna (Chana) Smeliansky, deren Leben von einer angeborenen retinalen Atrophie überschattet war, stammte aus Telepino, einem Dorf im damals zu Russland gehörenden Oblast Kiew. Die Tochter jüdischer Pachtbauern erwarb ihre Schulbildung im Selbststudium und legte in Odessa die Abschlussprüfung als Hauslehrerin ab. Zur Jahrhundertwende ging sie in die Schweiz, um in Bern (1900-1903) und Zürich (1903-1907) Medizin zu studieren, was ihr in Russland nicht möglich gewesen wäre. Sie promovierte 1907 bei William Silberschmidt am Hygiene-Institut der Universität Zürich.
Wie ihr älterer Bruder, der Schriftsteller Mosche Smilansky, begeisterte sich Anna Smeliansky für sozialistische und zionistische Ideen und wanderte 1912 nach Palästina aus, wo sie als Ärztin in Jerusalem arbeitete. Das gleißende mediterrane Licht schadete jedoch ihren Augen, und so kehrte sie ein Jahr später nach Europa zurück. Sie zog nach Berlin und war von 1921 bis 1933 Mitglied der Berliner Psychoanalytischen Vereinigung bzw. der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG). Als Karl Abraham und Max Eitingon 1920 die Psychoanalytische Poliklinik in Berlin gründeten, waren Anna Smeliansky und Ernst Simmel Eitingons erste Assistenten. Einen Heiratsantrag Max Eitíngons, mit dem sie seit Studienzeiten befreundet war, wies sie zurück.
Mit Hitlers Machtergreifung 1933 begann auch in der DPG die Arisierung, und noch vor dem „freiwilligen“ Austritt der jüdischen DPG-Mitglieder emigrierte Anna Smeliansky wieder nach Palästina. Dort gründete sie Ende 1933 mit den ebenfalls aus Berlin emigrierten Psychoanalytikern Max Eitingon, Mosche Wulff, Ilja Schalit und Walter Kluge in Tel Aviv die Palästinensische Psychoanalytische Gesellschaft Chewrah Psychoanalytith b'Erez-Israel (CPEI), nach der Staatsgründung 1948 Israel Psychoanalytic Society / Hahevra Hapsychoanalitit Be-Israel (HHBI). 1934 wurde in Jerusalem das Psychoanalytische Institut eröffnet, dessen Ausbildungskomitee Anna Smeliansky seit 1939 angehörte. Obwohl nahezu erblindet, war sie bis kurz vor ihrem Tod als Psychoanalytikerin in freier Praxis tätig und nahm regelmäßig an den Sitzungen der HHBI teil. (Artikelanfang)
Ruth Steinberger wurde in Linz in Österreich als Tochter des Talmudgelehrten Oscar Steinberger geboren. Ihr Vater hatte Auschwitz überlebt und war 1951 mit seiner zweiten Familie nach Israel ausgewandert. Mit 19 Jahren heiratete sie Dov Stein, einen Mathematiker und Computer-Ingenieur, mit dem sie drei Kinder bekam.
Ruth Stein studierte Französische Literatur und Psychologie an der Hebrew University in Jerusalem und erwarb Anfang der 1970er Jahre den MA in klinischer Psychologie. Nach einer Analyse bei Erich Gumbel trennte sie sich 1980 von ihrem ersten Mann. Sie studierte Psychoanalyse bei Joseph Sandler, der bis 1984 Sigmund-Freud-Professor an der Hebrew University war, und promovierte 1989 über Psychoanalytic Theories of Affect. Sie machte eine weitere Analyse bei Rena Hrushovski-Moses und schloss 1992 ihre psychoanalytische Ausbildung ab. Seit 1997 war sie Lehranalytikerin am Institut der Israel Psychoanalytic Society.
2001 heiratete sie Gavriel Reisner (*1946), Professor für Englische Literatur, und zog mit ihm nach New York. Dort praktizierte sie als Psychoanalytikerin und war außerordentliche Professorin für Psychotherapie und Psychoanalyse an der New Yorker Universität. Sie war Mitglied des Institute for Psychoanalytic Training and Research (IPTAR) und der International Association of Relational Psychoanalysis and Psychotherapy (IARPP) und hielt Vorträge auf internationalen Tagungen. Außerdem gehörte sie der t dUS-Redaktion des International Journal of Psychoanalysis an und war Mitherausgeberin der Psychoanalytic Dialogues.
Ruth Stein verband französisches Denken wie das von Jacques Lacan und Jean Laplanche mit angloamerikanischen Strömungen der Objektbeziehungstheorie und des Neofreudianismus. In den letzten Jahren identifizierte sich mit der Relationalen Psychoanalyse, die auf der interpersonalen Theorie von Harry Stack Sullivan beruht. In ihren zahlreichen Veröffentlichungen behandelte Ruth Stein Themen wie Affekte, Sexualität, Perversion, Schuld und Fundamentalismus. Für ihren Aufsatz The otherness of sexuality: Excess erhielt sie den Preis des Journal of the American Psychoanalytic Association für 2008. Darin unternahm sie eine Rehabilitierung der Idee des Exzesses, der ihr zufolge ein wesentlicher Teil der sexuellen Erfahrung ist und deren Besonderheit im Unterschied zur alltäglichen Erfahrung ausmacht.
Am Tag der Preisverleihung erlitt Ruth Stein einen Schlaganfall und starb zwei Tage später. (Artikelanfang)