Die im russisch-polnischen Lodz geborene Psychologin Franziska (Franciszka) Baumgarten hatte vermutlich keine psychoanalytische Ausbildung, gehörte aber zu den ersten, die in Polen die Lehre Freuds einführten. Bekannt wurde sie vor allem als Pionierin der Psychotechnik. Die Tochter eines jüdischen Textilfabrikanten, die sich früh für sozialistische Ideen begeisterte, begann 1905 in Krakau Literatur, Philosophie und Psychologie zu studieren. 1906/1907 hörte sie in Paris Philosophie, Physik und Chemie (u. a. bei Marie Curie), ging dann nach Zürich, um dort 1910/1911 über Die Erkenntnislehre von Maine de Biran zu promovieren. Noch im gleichen Jahr belegte sie bei Oswald Külpe in Bonn eine Einführung in die Experimentalpsychologie, wechselte 1911 nach Berlin und wurde eine Schülerin von Hugo Münsterberg, dem Begründer der Psychotechnik.
Von 1911 bis 1914 lebte Franziska Baumgarten wieder in Lodz und hielt dort Vorträge über Psychotechnik, aber auch über die Psychoanalyse. 1912 erschien in der Zeitschrift Neurologia Polska ein umfangreicher Aufsatz von ihr über Sigmund Freuds Traumdeutung. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs zog sie nach Berlin und verbrachte dort von 1914 bis 1924 ihre wissenschaftlich produktivste Phase. Sie beteiligte sich unter anderem an Berufseignungsuntersuchungen und war bis 1924 Mitglied der Kommission zur Prüfung besonders begabter Berliner Gemeindeschüler. Ihre Forschungen auf dem Gebiet der Angewandten Psychologie wurden besonders durch Édouard Claparède beeinflusst, Initiator des Cercle psychanalytique Genevois und der Internationalen Psychotechnischen Vereinigung, deren Vorstand Franziska Baumgarten ab 1922 angehörte.
1924 zog sie in die Schweiz und heiratete den Kinderpsychiater Moritz Tramer (1882-1963), Direktor der Kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Rosegg in Solothurn. Sie setzte ihre wissenschaftlichen Untersuchungen in der Schweiz fort, wurde 1929 von der philosophisch-historischen Fakultät in Bern habilitiert und hielt dort von 1930 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1954 Vorlesungen über Psychotechnik und arbeitspsychologische Themen. Zu ihren wichtigsten Publikationen zählen das in mehrere Sprachen übersetzte Standardwerk Die Berufseignungsprüfungen (1928) sowie Die Psychologie der Menschenbehandlung im Betrieb (1930). Sie entwickelte z. B. einen Sprüchetest zur Feststellung der Arbeitsgesinnung und interessierte sich besonders für das Persönlichkeitsmerkmal der Sozialibilität, d. h. der Befähigung zum sozialen Lernen.
Franziska Baumgarten-Tramer litt seit den 1930er Jahren an progressiver Schwerhörigkeit und einem Augenleiden. Sie starb verarmt in einem Spital in Bern. (Artikelanfang)
Maja Beck-Dvoržak gilt als die Begründerin der Kinderpsychiatrie in Kroatien. Sie wurde in Sisak in Kroatien geboren und schloss 1947 ihr Medizinstudium in Zagreb ab. Anschließend spezialisierte sie sich als Nervenärztin und Kinderpsychiaterin in Zagreb und Paris. 1961 promovierte sie in Zagreb mit einer Dissertation über Charakterveränderungen epileptischer Kinder. 1965 habilitierte sie sich und war bis zu ihrer Emeritierung 1977 Professorin für Medizinische Psychologie im Department für Psychiatrie mit Medizinischer Psychologie und Psychohygiene [Katedre za psihijatriju s medicinskom psihologijom i mentalnom higijenom] an der Medizinischen Fakultät der Universität Zagreb.
Seit 1954 arbeitete sie auch im Department für Psychotherapie der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik [Psihoterapijskom odjelu Neurološko-psihijatrijske klinike] der Universität Zagreb, wo sie wie Duška Blažević, Neda Bućan und Eugenija Cividini-Stranić zu den engsten Mitarbeiter:innen Stjepan Betlheims gehörte. Bei Betlheim, dem Pionier der Psychoanalyse in Kroatien, erhielt sie ihre psychoanalytische Ausbildung und vertrat danach einen psychoanalytischen Ansatz in der Kinderpsychiatrie.
1957 gründete Maja Beck-Dvoržak in der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik die erste psychiatrisch-psychotherapeutische Poliklinik für Kinder [Odjel za dječju psihijatriju i psihoterapiju]. Sie gehörte auch zum Team des psychoanalytisch orientierten Zentrum für psychische Gesundheit in Zagreb, das 1969 aus dem Department für Psychotherapie hervorgegangen war. Dort leitete sie die Abteilung für Kinder-und Jugendpsychiatrie [Psihijatrijskog odjela za djecu i omladinu u Centru za mentalno zdravlje]. (Artikelanfang)
Die tschechische Psychologin und Psychoanalytikerin Marie Benová studierte in Prag Philosophie und Psychologie und wurde zum Dr. phil. promoviert. Nach ihrem Studium absolvierte sie in den 1930er Jahren eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin bei der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft. Ihre Lehranalyse begann sie bei Emanuel Windholz und setzte sie bei Jan Frank und Steff Bornstein fort. Ihre Supervisoren waren Ladislav Haas, Otakar Kučera und Theodor Dosužkov, der nach dem Krieg 1946 in Prag die Gesellschaft für das Studium der Psychoanalyse gründete. Marie Benová gehörte zu den wenigen weiblichen Mitglieder dieser von der IPA anerkannten Studiengruppe, die sich jedoch 1952, vier Jahre nach der kommunistischen Machtergreifung, wieder auflöste.
Da die Psychoanalyse in der ČSSR als bürgerlich-dekadent geächtet war, setzten die verbliebenen Mitglieder der Gruppe die psychoanalytische Ausbildung von Kandidat:innen in privatem Rahmen fort. Zu den drei von der IPA anerkannten Lehranalytikern Dosužkov, Kučera und Haas kam in den 1970er Jahren Marie Benová hinzu, die 1978 Direktmitglied der IPA wurde. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 bildeten Dosužkov, Kučera, Marie Benová, Pavel Tautermann, Alena Žižková und Zdeněk Mrazek inoffiziell die nächste Generation von Analytikern aus, die Anfang der 1980er Jahre den Grundstein für die Česká Psychoanalytická Spolecnost legten.
Marie Benová interessierte sich besonders für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und hielt nach dem Zweiten Weltkrieg Pädagogik-Vorlesungen an der Prager Karls-Universität. Sie war mit dem Neuropathologen und Arbeitsphysiologen Eduard Bena (1899-1976) verheiratet und hatte mit ihm drei Kinder.(Artikelanfang)
Berta (Bertha) Basja Bers (auch Bērs, Bērzs, Berz) wurde als Tochter des Rabbiners Lipman Yontef Vaynberg (Weinberg) in Riga geboren, das damals zum Russischen Reich gehörte. Bertha Weinberg besuchte bis 1906 ein privates Mädchengymnasium in Riga und ging dann zum Studium nach Charkow. 1909 wechselte sie nach St. Petersburg und studierte dort an der Philologisch-Historischen Abteilung der Frauenuniversität Bestuzhevski Kursi.
Sie heiratete den Bergbauingenieur Īzaks Ābrams Berss (1886-1970), der am Polytechnischen Institut in St. Petersburg studierte. 1914 wurde ihr Sohn Lipman Bers, später ein bekannter Mathematiker, geboren. Nach Abschluss ihres Studiums kehrte Berta Bers mit ihrer Familie Ende 1918 nach Riga in das inzwischen unabhängige Lettland zurück. Berta und Isaac Bers waren Mitglieder des Bunds, einer säkularen jüdischen sozialistischen Organisation, und engagierten sich für eine säkulare Schulbildung für jüdische Kinder. Berta Bers war von 1919 bis 1931 Direktorin der säkularen jiddischsprachigen Grundschule in Riga, während Isaac Bers das angeschlossene Gymnasium leitete. Ihre Ehe wurde 1926 geschieden.
Vermutlich hörte Berta Bers wie Feiga Kramer in den 1920er Jahren die Vorlesungen des Schweizer Pädagogen und Psychoanalytikers Ernst Schneider, der bis 1928 an der Universität Lettland in Riga lehrte. Sie ging 1925 nach Berlin, um bei dem Freudomarxisten Otto Fenichel eine psychoanalytische Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut zu beginnen, die sie 1931/32 bei Karen Horney fortsetzte. Auch an den Sitzungen der Pädagogischen Arbeitsgemeinschaft unter der Leitung von Siegfried Bernfeld nahm sie teil. 1932 hielt sie dort ein Referat über einen Fall von Pubertätsliebe, worin sie die Verliebtheit eines fünfzehnjährigen Jungen in seine Lehrerin und die daraus entstehenden pädagogischen Probleme behandelte. Nach Hitlers Machtergreifung ließ sie ihre Fallanalysen von dem nach Oslo und Prag emigrierten Fenichel supervidieren.
Von 1932 bis 1934 unterrichtete Berta Bers an einer Schule für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen. Gemeinsam mit Feiga Kramer versuchte sie in Riga einen psychoanalytischen Zirkel aufzubauen, wobei Fenichel sie während seiner Besuche unterstützte. Ihre Bemühungen waren jedoch nach dem Putsch von Karlis Ulmanis 1934 zum Scheitern verurteilt. Unter seiner Diktatur war die Psychoanalyse verpönt. Alle politischen jüdischen Organisationen wurden verboten und die jiddischsprachigen Schulen geschlossen. Berta Bers wurde vom Schuldienst suspendiert. 1936 hielt sie als Gast der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft einen Vortrag über die Schwierigkeiten einer Kinderanalyse mit organischen Komplikationen.
Ende der 1930er Jahre heiratete sie den Schauspieler und Filmproduzenten Boris Tumarin (1910-1979) und emigrierte mit ihm 1939 nach New York. Basja Tumarin eröffnete eine psychoanalytische Praxis und lehrte Psychologie am New York Institute for Jewish Research sowie Psychotherapie am Hunter College. Seit 1952 war sie Member-at-large der International Psycho-Analytical Association (IPA). (Artikelanfang)
Die jugoslawische Neuropsychiaterin Duška Blažević wurde in Sarajevo geboren und schloss 1944 in Zagreb ihr Medizinstudium ab. Während der deutschen Besetzung Jugoslawiens war sie im Widerstand aktiv. Nach dem Krieg spezialisierte sie sich von 1947 bis 1951 als Nervenärztin in der Neuropsychiatrischen Klinik der Medizinischen Fakultät in Zagreb. Dort wurde sie 1953 eine enge Mitarbeiterin von Stjepan Betlheim, dem Pionier der Psychoanalyse in Kroatien, in dem von ihm geleiteten Department für Psychotherapie [Psihoterapijski odjel Neuropsihijatrijske klinike]. Im sozialistischen Jugoslawien gab es keine psychoanalytische Vereinigung, und so führte Betlheim als Direktmitglied der IPA in den 1950er und 1960er Jahren Lehranalysen mit seinen engsten Mitarbeiter:innen durch, darunter Maja Beck-Dvoržak, Duška Blažević, Neda Bućan, Eugenija Cividini-Stranić und Eduard Klain.
1962 wurde Duška Blažević außerordentliche, 1969 ordentliche Professorin am Department für Psychotherapie, aus dem 1969 unter ihrer Leitung das Zentrum für psychische Gesundheit [Centar za mentalno zdravlje] hervorging, das eine zentrale Rolle in Theorie und Praxis psychoanalytischer Psychotherapie spielte. Von 1969 bis 1980 Leiterin des Zentrums, setzte Duška Blažević nach Betlheims Tod 1970 dessen Werk fort. Sie führte Analysen mit weiteren Kolleg:innen durch, darunter Staniša Nikolić, der die Technik des analytischen Psychodramas in Zagreb einführte. 1971 gründeten Duška Blažević und Eduard Klain die psychoanalytisch orientierte Zeitschrift Psyhoterapja, deren Chefredakteurin Blažević bis zu ihrem Tod war.
Duška Blažević-Pepčić war mit dem Journalisten Martin Pepčić (1913-2006) verheiratet, einem langjährigen Redakteur von Radio Zagreb. (Artikelanfang)
Elżbieta Małgorzata Bohomolec, eine der ersten zertifizierten Psychoanalytikerinnen in Polen, promovierte 1985/86 an der medizinischen Fakultät der Universität Warschau und spezialisierte sich in der Psychiatrie. Sie absolvierte eine Analyse bei dem in Prag ausgebildeten polnischen Psychoanalytiker Michal Lapinski in Warschau und eine Kontrollanalyse in Berlin. 1989, beim IPA-Kongress in Rom, wurde sie wie Katarzyna Walewska Direktmitglied der International Psychoanalytical Association.
Anfang der 1990er Jahre war Elżbieta Bohomolec Mitgründerin und erste Vorsitzende der Polskie Towarzystwo Rozwoju Psychoanalizy (PTRP) [Polnische Gesellschaft für die Entwicklung der Psychoanalyse], die 1997 in die von der IPA anerkannten Polnischen Psychoanalytischen Gesellschaft Polskie Towarzystwo Psychoanalityczne (PTPa) mündete. Sie ist Lehranalytikerin der PTPa und praktiziert als Psychiaterin in Warschau.
Elżbieta Bohomolec gehört dem International Editorial Board des American Journal of Psychotherapy an und beteiligte sich an der Übersetzung von Erna Furmans Helping young children grow (Jak wspierać dziecko w rozwoju) und Edna O'Shaughnessys Inquiries in Psychoanalysis (Psychoanalityczne dociekania). (Artikelanfang)
Therese (Terezie) "Resa" (Réza) Bondy wurde in Bavorovice (Baurowitz, heute in Tschechien) geboren. Als sie 1932 in Brno am 5. Kongress der Weltliga für Sexualreform auf sexualwissenschaftlicher Grundlage teilnahm, lernte sie den tschechischen Psychiater und Sexologen Hugo Bondy (1897-1939) kennen. Sie heirateten 1933 und bekamen zwei Kinder: Helena und Jan Leopold.
Resa Bondy war Gastmitglied der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft, die ab 1935 von Otto Fenichel geleitet wurde. Wie ihr Mann beteiligte sie sich an Ota Friedmanns tschechischer Übersetzung von Sigmund Freuds Vier Psychoanalytische Krankengeschichten, die 1936 in Prag unter dem Titel Psychoanalytike Chorobopisy erschien. Nach dem "Anschluss" Österreichs 1938 und dem deutschen Überfall auf die Tschechoslowakei im März 1939 verließen die meisten Mitglieder der Prager Arbeitsgemeinschaft das Land und gingen ins Exil. Die Kinderanalytikerin Dr. Therese Bondy gehörte mit Theodor Dosužkov, Steff Bornstein, Otto Brief und Marie Brief zu den wenigen, die in Prag blieben.
Hugo Bondy stellte zwar offiziell einen Antrag auf Ausreise, nahm sich dann aber 1939 in Prag das Leben. Therese Bondy und ihre Kinder wurden am 16. Oktober 1941 mit einem der ersten jüdischen Transporte von Prag nach Lódz deportiert und von dort weiter nach Auschwitz. Miroslav Borecký von der Česká Psychoanalytická Spolecnost zufolge wurde Theresa Bondyová 1941 im KZ Auschwitz ermordet. Laut David Lewin von JewishGen starb sie am 16. April 1942. (Artikelanfang)
Die Kinderanalytikerin Stefanie (Steff) Bornstein wurde am 12. März 1893* in Krakau als Tochter einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren, ihr Vater Getzel Bornstein war von Beruf Ingenieur. Kurz nach der Geburt ihrer jüngeren Schwester Berta Bornstein zog die Familie nach Berlin. Steff Bornstein arbeitete als Buchhändlerin und Leiterin eines Kindererholungsheims und absolvierte bis 1926 vermutlich auch noch eine Ausbildung zur Kindergärtnerin am Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin.
Wie ihre Schwester begann sie Anfang der 1920er Jahre eine Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut (BPI). Steff Bornstein machte von 1924 bis 1930 eine Lehranalyse bei Josine Müller-Ebsen und wurde 1930 außerordentliches und 1932 ordentliches Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft. Sie beteiligte sich regelmäßig an den Diskussionen der Pädagogischen Arbeitsgemeinschaft, die von 1931 bis 1932 unter der Leitung von Siegfried Bernfeld am BPI stattfanden, und stellte dort in ihrem Referat Die Psychologie des Erziehers den Fall einer neurotischen Erzieherin vor. Außerdem war sie von 1932 bis 1933 Dozentin am Sozialen Institut des Vereins Jugendheim in Charlottenburg. 1933 übernahm sie am BPI das Anfängerseminar für Pädagogen und gemeinsam mit Jeanne Lampl-de Groot das Fortgeschrittenenseminar. In dieser Zeit veröffentlichte sie mehrere Aufsätze, darunter eine Interpretation des Dornröschen-Motivs, das sie als Angst vor Menstruation und Defloration sowie vor einer die Sexualität verbietenden Mutter deutete.
Nach Hitlers Machtübernahme emigrierte Steff Bornstein 1933 nach Prag. Gemeinsam mit Frances Deri, Annie Reich und anderen organisierte sie den Aufbau der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft (Psychoanalitická skupina v Č.S.R.), die 1934 der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) angeschlossen wurde. Im gleichen Jahr wurde Steff Bornstein als ordentliches Mitglied in die WPV übernommen. Sie war neben Otto Fenichel und Annie Reich Lehr- und Kontrollanalytikerin der Prager Arbeitsgemeinschaft, zu ihren Analysanden zählte unter anderen Ota Friedmann, der tschechische Übersetzer Sigmund Freuds.
Steff Bornstein spezialisierte sich auf die Kinderanalyse und baute in Prag die psychoanalytisch-pädagogische Ausbildung auf. Besonders gefragt waren ihre in der Prager Arbeitsgemeinschaft durchgeführten Seminare zu den Grundlagen der Kinderanalyse für Kindergärtnerinnen und Pädagogen. Außerdem hielt sie öffentliche Vorträge über Fragen der Kindererziehung, Störungen im Kindesalter und infantile Sexualität. 1937 referierte sie auf der Vierländertagung in Budapest über Mißverständnisse in der psychoanalytischen Pädagogik, zu deren typischen Fehlern sie die Angst vor negativen Gefühlen des Kindes zählte.
In den Jahren 1935 und 1936 bemühte sich Steff Bornstein um die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis für Prag. Um die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft zu erlangen, heiratete sie 1936 pro forma den tschechisch-jüdischen Psychoanalytiker Emanuel Windholz, der 1938 in die USA emigrierte. Steff Bornstein-Windholzowa blieb auch nach dem Überfall der Deutschen auf die Tschechoslowakei in Prag und war die letzte Vorsitzende der Prager Arbeitsgemeinschaft. Möglicherweise hat sie sich noch um eine Ausreise in die USA bemüht. Sie war jedoch schwer krank und starb 1939 in Prag an einem Herzinfarkt. (Artikelanfang)
Marie Brief wurde in Olmütz (tschechisch: Olomouc), damals Österreich-Ungarn, als die älteste Tochter von Joseph und Martha Fischer geboren. Sie war von Beruf Kindergärtnerin und verheiratet mit dem jüdischen Arzt und Psychoanalytiker Otto Brief (1891-1942), von dem ihre beiden Kinder Vera (*1928) und Felix (*1929) stammten. In den 1930er Jahren waren sie und Otto Brief, dessen Lehranalytiker Wilhelm Reich war, Gastmitglieder der von Otto Fenichel geleiteten Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft.
Nachdem Wilhelm Reich und die mit Marie Brief persönlich bekannte Stefi Pedersen nach der Machtübernahme Hitlers 1933 nach Oslo emigriert waren, planten die Briefs ebenfalls eine Emigration nach Norwegen bzw. in die USA. Der Versuch scheiterte. Otto Brief wurde nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht von der Prager Staatspolizei 1939 verhaftet und zunächst nach Sachsenhausen, dann 1940 nach Dachau und 1941 in das KZ Buchenwald deportiert, wo er mit Ernst Federn und Bruno Bettelheim eine psychoanalytische Gesprächsgruppe bildete. Oktober 1941 kam er nach Auschwitz und starb dort im Dezember 1942.
Marie Brief verließ 1940 mit ihren beiden Kinder Olmütz vermutlich in Richtung Prag. Von dort wurde sie 1942 nach Theresienstadt deportiert und dann im Oktober 1944 in das KZ Auschwitz, wo Marie Brief und ihre Kinder Vera und Felix ermordet wurden. (Artikelanfang)
Die jugoslawische Kinderpsychiaterin und Psychoanalytikerin Neda Bućan wurde in Zagreb geboren als jüngste Tochter von Petar Bućan und Nika geb. Mijoč. Sie erhielt ihre psychoanalytische Ausbildung in den 1950/1960er Jahren bei Stjepan Betlheim, dem Pionier der kroatischen Psychoanalyse. 1967 ging sie in die USA, um am Forschungszentrum National Institute of Mental Health in Bethesda bei Washington zu studieren und am Mental Research Institute in Palo Alto eine Ausbildung zur Familienpsychotherapeutin zu absolvieren.
1971 kehrte sie nach Zagreb zurück, wo sie wie Maja Beck-Dvoržak, Duška Blažević und Eugenija Cividini-Stranić dem Team des psychoanalytisch orientierten Zentrum für psychische Gesundheit [Centra za mentalno zdravlje], ab 1988 Department für Psychologische Medizin [Klinika za psihološku medicinu], angehörte. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Psychiater Aleksandar Maletić, der ein Anhänger der neofreudianischen Psychoanalyse war und am William Alanson White Institute in New York studiert hatte, bildete sie in Kroatien mehrere Generationen in Familienpsychotherapie aus, u. a. die Kinderpsychiater:innen Staniša Nikolić und Vesna Vidović.
Ursprünglich vom Ansatz der systemischen Familientherapie der Palo-Alto-Gruppe ausgehend, wie sie auch von der italienischen Psychoanalytikerin Mara Selvini Palazzoli vertreten wurde, orientierte sich Neda Bućan Maletić später an gruppenanalytischen Konzepten zur Familientherapie. (Artikelanfang)
Die jugoslawische Neuropsychiaterin Eugenija Cividini-Stranić wurde in Belgrad geboren und schloss 1953 in Zagreb ihr Medizinstudium ab. Anschließend spezialisierte sie sich bis 1958 als Nervenärztin in der psychiatrischen Klinik Vrapče. Seit 1959 arbeitete sie in der von Stjepan Betlheim geleiteten Department für Psychotherapie in der Neuropsychiatrischen Klinik der Medizinischen Fakultät in Zagreb [Psihoterapijski odjel Neuropsihijatrijske klinike]. Betlheim, der Pionier der kroatischen Psychoanalyse, führte seit Ende der 1950er Jahre als Direktmitglied der IPA im sozialistischen Jugoslawien Lehranalysen mit seinen engsten Mitarbeiter:innen durch. Zu ihnen zählten Maja Beck-Dvoržak, Duška Blažević, Neda Bućan, Eugenija Cividini-Stranić und Eduard Klain, die nach Betlheims Tod dessen Werk in Kroatien fortsetzten.
1965 promovierte Eugenija Cividini-Stranić in Zagreb mit einer Arbeit über die Behandlung des Graphospasmus, also des Schreibkrampfs. Sie lehrte am Zentrum für psychische Gesundheit [Centar za mentalno zdravlje], das 1969 aus dem Department für Psychotherapie hervorgegangen war und eine zentrale Rolle bei der Ausbildung und Durchführung psychoanalytischer Psychotherapie spielte. Seit 1975 war sie Professorin für Medizinische Psychologie am Department für Psychiatrie und Medizinische Psychologie der Medizinischen Fakultät in Zagreb. 1980 trat sie die Nachfolge Duška Blaževićs im Vorstand des Zentrum für psychische Gesundheit an, das sie bis zu ihrer Pensionierung 1987 leitete.
Eugenija Cividini-Stranićs Interesse galt besonders der Gruppenanalyse nach S. H. Foulkes. 1977 initiierte sie im Zentrum für psychische Gesundheit den ersten Workshop zu dieser Technik in Zagreb. Sie war Präsidentin der Sektion Psychotherapie in der Vereinigung kroatischer Ärzte und nach Duška Blaževićs Tod 1981 Chefredakteurin der psychoanalytisch orientierten Zeitschrift Psihoterapija. Seit 1999 war sie Direktmitglied der IPA. (Artikelanfang)
Michalina "Micea" Endelman(n) wurde in Warschau als Tochter jüdischer Eltern, Sigmund Endelmann und Frieda Lurie, geboren. Sie studierte Medizin in Berlin, Wien und Paris, promovierte 1926 in Berlin zum Dr. med. und spezialisierte sich in der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik als Fachärztin für Psychiatrie. Gleichzeitig machte sie eine Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut, ihr Lehranalytiker war Otto Fenichel.
Nach der Trennung vom ihrem ersten Ehemann, dem polnischen Maler, Grafiker und Bühnenbildner Marcel Slodki (1892-1943), heiratete sie 1928 den Berliner Zahnmediziner Ewald Fabian (1885-1944). Fabian, der Gründungsmitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands und Schriftführer des Vereins sozialistischer Ärzte war, gab mit Ernst Simmel die Zeitschrift Der sozialistische Arzt heraus. 1931 wurde ihr Sohn Thomas geboren.
Als Hitler 1933 an die Macht kam, emigrierten die Fabians nach Prag. Michalina Fabian schloss sich der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft an und setzte 1935 ihre psychoanalytische Ausbildung bei Otto Fenichel fort. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht 1938 floh die Familie zunächst nach Paris. Ewald Fabian setzte seine Flucht 1939 in die USA fort, Michalina Fabian folgte ihm 1940 mit ihrem Sohn nach New York.
In New York arbeitete Michalina Fabian am Hillside Hospital, bevor sie von 1944 bis 1949 als Psychiaterin und Lehranalytikerin an der Menninger Clinic in Topeka tätig war. Danach eröffnete sie in New York eine psychoanalytische Privatpraxis. In dieser Zeit heiratete sie den aus Berlin stammenden Künstler und Designer Harry Roth (vorm. Rothziegel) (1903-1976). 1952 kehrte sie an die Menninger Clinic in Topeka zurück, wo sie in der Topeka Psychoanalytic Society mehrere Ämter innehatte und 1964 zur Präsidentin gewählt wurde. 1968 zog das Ehepaar Roth nach Woodstock, New York. Michalina Roth war für mehrere Institutionen als Beraterin und Dozentin tätig, darunter die Medical School of the University of Albany und die Chicago Medical School. 1969 starb sie an Leberkrebs. (Artikelanfang)
Die tschechische Psychiaterin und Psychoanalytikerin Věra Fischelová wurde in Prag als Tochter eines Technikers geboren. Ihre Mutter war Sozialarbeiterin, entdeckte dann aber ihre Liebe zum Theater. Věra Fischelová studierte in den 1950er Jahren Medizin an der Karls-Universität in Prag und spezialisierte sich als Fachärztin für Psychiatrie. In den 1960er Jahren begann sie eine psychoanalytische Ausbildung, die im privaten Rahmen stattfand, da die Psychoanalyse in der ČSSR verboten war. Sie besuchte die Seminare von Theodor Dosužkov und ging zu Ladislav Haas und Otakar Kučera in die Analyse.
Während des Prager Frühlings 1968 arbeitete Věra Fischelová einige Monate in einem Wiener psychiatrischen Krankenhaus, kehrte aber nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Warschauer Pakt-Truppen mit ihrem achtjährigen Sohn Dominik nach Prag zurück. In den folgenden Jahren arbeitete sie als Psychiaterin und leitete die Abteilung für Neurosen im Prager Psychiatrischen Forschungsinstitut (Výzkumný ústav psychiatrický). Als Psychoanalytikerin konnte sie nur im Verborgenen tätig sein, offiziell war das erst wieder nach der Wende 1989 möglich. Seit 1989 war sie Direktmitglied der IPA und gehörte 1990 zu den Gründungsmitgliedern der Česká Psychoanalytická Spolecnost (ČPS). Sie war Lehr- und Kontrollanalytikerin der ČPS und praktizierte als Psychoanalytikerin und Psychiaterin in Prag. (Artikelanfang)
Eugenia Fischer wurde in Prag-Bohnice als jüngste Tochter von Theodor Dosužkov und Věra Dorofejeva Dosużkova geboren. Ihre Eltern waren nach der Oktoberrevolution 1917 aus Russland emigriert und hatten sich in Prag als Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie etabliert. Ihr Vater war Mitglied der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft und der Tschechoslowakischen Gesellschaft für das Studium der Psychoanalyse, deren Neugründung er nach Kriegsende initiierte. Die Familie überlebte die NS-Protektoratszeit, indem es Dosužkov und seiner Frau gelang, ihre jüdischen Wurzeln geheimzuhalten.
Eugenia Dosužková studierte von 1953 bis zur Promotion 1959 Medizin an der Karls-Universität in Prag. Von 1961 bis 1964 absolvierte sie ihre Facharztausbildung in der Psychiatrischen Klinik der Universität und war dort bis 1969 als Assistenzärztin tätig. Sie gehörte der von Dosužkov geleiteten inoffiziellen psychoanalytischen Arbeitsgruppe an und begann 1963 eine Lehranalyse bei Ladislav Haas, die sie nach dessen Emigration 1965 bei Otakar Kučera fortsetzte.
1963 trennte sie sich von ihrem ersten Mann Petr Lom, von dem ihre beiden Kinder Martin und Katerina stammen. Drei Jahre später heiratete sie ihren Kollegen, den Psychiater und Psychoanalytiker René Fischer (1932-2023), 1968 wurde ihr Sohn Philipp geboren. Nach der Niederschlagung des "Prager Frühlings" durch die Warschauer-Pakt-Truppen gelang es Eugenia und René Fischer 1969 mit ihren drei Kindern nach Westberlin zu emigrieren.
Eugenia Fischer absolvierte in den 1970er Jahren eine psychoanalytische Ausbildung am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt und eröffnete 1972 eine Praxis als Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in Liederbach bei Frankfurt. Von 1985 bis 2002 war sie am Institut für Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie in Frankfurt tätig, unter anderem als langjähriges Mitglied des Ausbildungsausschusses. 1999 war sie Mitgründerin und bis 2006 Vorsitzende des Instituts für Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie am Mainzer Psychoanalytischen Institut (MPI). Sie ist Mitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) und Ehrenmitglied der 1990 gegründeten Tschechischen Psychoanalytischen Gesellschaft.
Eugenia Fischer veröffentlichte - zum Teil gemeinsam mit René Fischer - mehrere Arbeiten zur Geschichte der Psychoanalyse in der Tschechoslowakei und in Russland. (Artikelanfang)
Elisabeth (Liselotte) "Lilo" Heymann, Tochter des deutsch-jüdischen Facharztes für Geburtshilfe, Felix Heymann, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Berlin. 1919 folgte sie ihrem älteren Bruder zum Studium nach Heidelberg, kehrte aber nach einem Semester aus Heimweh wieder nach Berlin zurück und absolvierte dort eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin. Als sie ihren Mann György (Georg) Gerö (1901-1993), kennenlernte, einen aus Ungarn stammenden Schüler Wilhelm Reichs, machte er zur Bedingung ihrer Heirat, dass sie sich wie er einer Psychoanalyse unterzog. Die 1930 eingegangene Ehe scheiterte, aber Elisabeth Gerö-Heymann hatte ihre Berufung gefunden.
Sie begann kurz vor der Machtübernahme Hitlers eine Lehranalyse bei Frances Deri in Berlin. Wie diese emigrierte sie 1933 nach Prag und beteiligte sich am Aufbau der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft, während Georg Gerö Otto Fenichel und Wilhelm Reich nach Skandinavien folgte. Als Frances Deri 1936 in die USA ging, setzte Lilo Gerö-Heymann ihre Lehranalyse bei dem mit Reich zerstrittenen Freudomarxisten Otto Fenichel fort, der 1935 die Leitung der Prager Arbeitsgemeinschaft übernommen hatte. Nach der Vorstellung einer Fallanalyse und einem Referat über Das Ich und die Abwehrmechanismen von Anna Freud praktizierte sie als Psychoanalytikerin in Prag.
1938 half Elisabeth Gerö-Heymann Edith Jacobson bei ihrer Flucht nach Prag. Ein Jahr später, nach dem deutschen Überfall auf die Tschechoslowakei, konnte sie als eine der letzten nach England fliehen. In London setzte sie ihre Ausbildung bei Anna Freud fort und wurde Mitglied der British Psycho-Analytical Society. Während ihrer Tätigkeit an der Hampstead Child Clinic stellte sie fest, dass ihr die Kinderanalyse nicht lag, und widmete sich fortan der Analyse von Erwachsenen in ihrer Londoner Privatpraxis.
1947 emigrierte sie in die USA und ließ sich als Psychoanalytikerin in New York nieder. Sie konnte jedoch, da sie über keine medizinische Ausbildung verfügte, nicht Mitglied der New York Psychoanalytic Society werden und trat daher der New York Society of Freudian Psychologists - heute New York Freudian Society (NYFS) - bei, einer Institution für "Laienanalytiker:innen". Elizabeth Gero-Heymann, die sich bei wichtigen Fragen stets auf Otto Fenichel berief, wurde Lehranalytikerin der NYFS und war noch mit 87 Jahren Vizepräsidentin dieser Gesellschaft. (Artikelanfang)
Die tschechische Psychologin und Psychoanalytikerin Marie Hošková wuchs als ältestes von zehn Kindern in einer katholischen Familie in der ČSSR auf. Ihre Mutter Marie Kaplanová war Auslandskorrespondentin und später christdemokratische Abgeordnete, ihr Vater Jiří Kaplan Angestellter am Institut für Technische und Wissenschaftliche Information in Prag. Beide waren in der kirchlichen Untergrundarbeit und der Gemeinschaft von Taizé aktiv.
Marie (Maryška) Kaplanová studierte von 1973 bis 1978 Psychologie an der Karls-Universität in Prag und wurde 1984 promoviert. 1977 heiratete sie den Musiker Jiří Hošek (*1955), der aus einer tschechisch-jüdischen Künstlerfamilie stammt. Sie bekamen zwei Töchter: Dominika und Natálie.
Ihre psychotherapeutische Ausbildung erhielt Marie Hošková von 1982 bis 1987 bei SUR, einem informellen Ausbildungssystem für Gruppenpsychotherapie, aus dem 1999 das offizielle SUR-Institut hervorging. Ihre Ausbildung zur Psychoanalytikerin, die während der Zeit des Kommunismus nur im Verborgenen stattfinden konnte, unternahm sie von 1981 bis 1999, u. a. bei Věra Fischelova. Eine Ausbildung in Gruppenanalyse absolvierte sie von 1994 bis 2001 beim Institut für Gruppenanalyse (IGA) in Kopenhagen.
Marie Hošková war Mitglied und Lehranalytikerin der Česká psychoanalytická spolecnost (ČPS). Anfang der 1990er Jahre zählte sie zu den Gründungsmitgliedern der Tschechischen Gesellschaft für Psychoanalytische Psychotherapie Česká společnost pro psychoanalytickou psychoterapii (ČSPAP), wo sie als Lehranalytikerin und Supervisorin arbeitete und zwischen 1996 und 2002 die Ausbildung in Einzel- und Gruppenanalyse leitete. Neben ihrer psychoanalytischen Privatpraxis hielt sie Vorträge und Vorlesungen an diversen Ausbildungsinstituten und engagierte sich in der Zusammenarbeit mit psychoanalytischen und psychotherapeutischen Organisationen weltweit. (Artikelanfang)
Die jugoslawische Psychiaterin und Psychoanalytikerin Milica Jojić-Milenković wurde in Peć in Montenegro als eines von fünf Kindern geboren. Ihr Vater war nach dem Ersten Weltkrieg Parlamentsabgeordneter und Direktor des Gymnasiums in Peć. Während des Zweiten Weltkriegs war er in einem italienischen Gefängnis interniert und wurde 1945 als Kollaborateur erschossen. Ihre Mutter war Erzieherin an der Mädchenschule Instituta Kralj Nikola in Cetinje. Milica Jojić-Milenković studierte Medizin an der Universität Belgrad und spezialisierte sich in der Psychiatrie. Ihre Doktorarbeit mit dem Thema Psihodinamika bračnih odnosa [Psychodynamik in der Ehe] wurde 1972 in Belgrad nicht angenommen, weil sie keine quantitativen Untersuchungen enthielt.
Ihr Lehranalytiker war der Kinderpsychiater Vojin Matić, der von 1953 bis 1963 das Medizinisch-pädagogische Beratungszentrum [Medicinsko-pedagoškog savetovališta] in Belgrad leitete, wo Milica Jojić-Milenković psychoanalytische Psychotherapie mit Kindern und Eltern durchführte. Nach Auflösung des Beratungszentrums wurde sie Leiterin der Abteilung für Psychosen am Institut für psychische Gesundheit [Zavod za mentalno zdravlje] und gründete dort 1965 die erste Eheberatungsstelle in Serbien. Außerdem lehrte sie Allgemeine Psychopathologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Belgrad.
1990 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der von Tamara Štajner-Popović initiierten Belgrader Gesellschaft zur Entwicklung der Psychoanalyse [Beogradsko društvo za razvoj psihoanalize], aus der 1996 die Belgrader IPA-Studiengruppe [Beogradske psihoanalitičke studijske grupe] und 2003 die Belgrade Psychoanalytical Society [Beogradsko psihoanalitičko društvo] hervorging. Milica Jojić-Milenković wurde 1999 Direktmitglied der IPA und war als Lehranalytikerin und Supervisorin tätig. Sie leitete auch die Ausbildung in psychoanalytischer Gruppentherapie in Podgorica, Montenegro. Schwerpunkte ihrer Veröffentlichungen bildeten Eheprobleme und Drogenabhängigkeit. (Artikelanfang)
Die tschechische Psychoanalytikerin Hana Junová wurde in Prag geboren, ihr Vater war der Filmemacher Karel Smrž, ihre Mutter Anna Vohryzková, die aus einer jüdischen Familie stammte, war Kinderpsychologin. Hana Junová studierte von 1955 bis 1960 Psychologie an der Karls-Universität in Prag und promovierte 1968. Während ihres Studiums heiratete sie den Kernphysiker Jaromír (Mirek) Jun, aus ihrer Ehe gingen drei Kinder hervor.
1961 begann sie ihre Tätigkeit als Psychotherapeutin im Neurose-Zentrum Lobeč, einer Dependance der Prager Psychiatrischen Universitätsklinik, wo psychisch Kranke sechs Wochen lang kostenlos behandelt wurden. Praktiziert wurde die von dem Psychiater Ferdinand Knobloch entwickelte integrative Psychotherapie, eine Kombination der in der ČSSR geächteten Psychoanalyse mit lerntheoretischen und ethologischen Ansätzen. Von Knobloch übernahm Hana Junová das Konzept der Psychogymnastik, eine nonverbale psychotherapeutische Methode, die auf Pantomime basiert und die sie grundlegend weiterentwickelte.
In den 1960er Jahren unternahm Hana Junová Weiterbildungen in Gruppenpsychotherapie bei Knobloch und in Konzentrativer Bewegungstherapie bei Helmuth Stolze in Lindau. Sie begann in Prag eine damals illegale psychoanalytische Ausbildung mit einer Analyse bei Ladislav Haas, die sie, nachdem dieser 1965 nach London emigriert war, bei Otakar Kučera fortsetzte. Zur Supervision war sie bei Theodor Dosužkov. 1973 schloss sie ihre Analyse ab und wurde Direktmitglied der International Psychoanalytical Association (IPA).
Zurück von einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei, arbeitete Hana Junová ab 1969 in dem von Knobloch gegründeten psychotherapeutischen Tagessanatorium Horní Palata. Sie leitete Ausbildungskurse in Gruppenpsychotherapie, u. a. im Rahmen von SUR, und nonverbaler Therapie, als Psychoanalytikerin konnte sie bis 1989 nur verdeckt arbeiten. Nach der "Samtenen Revolution" war sie bis 1998 Assistenzprofessorin am psychologischen Institut der Karls-Universität, außerdem unterrichtete sie am Institut für Medizinische Psychologie und in der Abteilung für nonverbales Theater an der Akademie der musischen Künste.
Nach ihrer Pensionierung befasste sich Hana Junová besonders mit Fragen der Ethik in der Psychologie. (Artikelanfang)
Marie "Marietta" Caroline Eidlitz wurde in Prag geboren als Tochter von Friedrich Eidlitz und Ida geb. Schlosser. Ihr Vater war Jurist und Vorstandsmitglied der Zionistischen Kultusgemeinde in Pilsen. Marietta Eidlitz besuchte bis 1930 das Mädchengymnasium in Pilsen und studierte danach Rechtswissenschaften in Prag (anderen Quellen zufolge in Pilsen), wo sie sich dem jüdischen Wanderbund "Blau-Weiss" anschloss. Ihr 1930 publizierter Jugendroman Die Seele des André Garaine wurde von den Nationalsozialisten in die "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" aufgenommen.
1931 heiratete sie den Prager Kinderarzt Richard Karpe (1898-1981). Beide schlossen sich der von Franziska Deri und ab 1935 von Otto Fenichel geleiteten Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft an, Richard Karpe als analysierender Ausbildungskandidat und Schriftführer, Marietta Karpe als Ausbildungskandidatin bzw. Gast. 1935 hielt sie dort einen Vortrag über den tschechischen Karikaturisten Dr. Desiderius (i. e. Hugo Böttinger). Im gleichen Jahr begann sie mit einer Übersetzung von Sigmund Freuds Vorlesungen ins Tschechische.
Kurz vor der Besetzung Prags durch die deutsche Wehrmacht gelang Marietta und Richard Karpe 1939 die Flucht in die USA. Sie ließen sich zunächst in Boston, Massachusetts, nieder, dann ab 1942 in Hartford, Connecticut, wo ihre drei Töchter Dora (Dvora), Barbara und Jane geboren wurden. Richard Karpe etablierte sich als Psychoanalytiker und war Mitglied der Boston Psychoanalytic Society und der Western New England Psychoanalytic Society. Marietta Karpe besuchte das Smith College für Frauen in Northampton und graduierte dort 1941 mit dem Master of Social Work. Ihre Abschlussarbeit über Widerstand und Angst in der Erziehungsberatung basierte auf Feldstudien in der Worcester Child Guidance Clinic.
Sie arbeitete in Kinder- und Familienberatungsstellen und in der Massachusetts Correctional Institution für Straftäterinnen, bevor sie 1962 ihre langjährige Tätigkeit als psychiatrische Sozialarbeiterin in der Child Guidance Clinic in New Britain, Hartford County, begann. Marietta Karpe interessierte sich besonders für Theater und Literatur und veröffentlichte zwei Aufsätze, in denen sie eine psychoanalytische Interpretation der Figuren "Peter Pan" und (gemeinsam mit Richard Karpe) "Mary Rose" von James Matthew Barrie unternahm.
1980 übersiedelten die Karpes nach Coventry, Connecticut, wo Marietta Karpe im Alter von 97 Jahren starb. (Artikelanfang)
Die Psychologin Ludwika Karpińska bzw. Luise von Karpinska zählt zu den Pionier:innen der polnischen Psychoanalyse. Sie wurde in eine katholische Familie in Warschau (oder Płock) geboren als jüngste Tochter von Nestor Kazimierz Karpiński und Katarzyny Fery. Nach dem Abitur 1892 arbeitete sie in Warschau als Hauslehrerin und hörte während dieser Zeit Vorlesungen an der Fliegenden Universität [Uniwersytecie Latajacym], einer geheimen Hochschule für Frauen. 1897 begann sie in Berlin ein Studium an der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität. Ihr Interesse galt besonders der experimentellen Psychologie.
1899 musste sie wegen finanzieller Schwierigkeiten nach Warschau zurückkehren, konnte ihr Psychologiestudium jedoch 1907 an der Universität Zürich fortsetzen. Sie besuchte die Psychoanalyse-Vorlesungen von Eugen Bleuler und Carl Gustav Jung in der psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli und beteiligte sich an Jungs Assoziationsexperimenten. 1910 promovierte sie über das Thema Experimentelle Beiträge zur Analyse der Tiefenwahrnehmung.
Auf Empfehlung Jungs nahm Karpińska Kontakt mit dem Psychiater Ludwik Jekels auf, einem frühen Förderer der Psychoanalyse in Polen. 1909 hatte sie ihren ersten Auftritt als „polnische Freudianerin“ auf dem I. Kongress polnischer Neurologen, Psychiater und Psychologen in Warschau. Ende 1909 reiste sie zusammen mit Jekels nach Wien und nahm als Gast an vier Sitzungen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung teil. In Wien absolvierte sie auch eine Analyse, ob bei Jekels oder einem anderen Analytiker, ist ungeklärt.
1911 zog Ludwika Karpinska nach Zakopane, wo sie vermutlich ihren späteren Ehemann Marcin Woyczyński (1870-1944), Arzt und Mitglied der Polnischen Sozialistischen Partei, kennenlernte. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs veröffentlichte sie verschiedene deutsche und polnische Arbeiten zur Psychoanalyse. Am bekanntesten ist ihr Aufsatz Über die psychologischen Grundlagen des Freudismus (1914), worin sie eine Analogie zwischen psychoanalytischer Methode und experimenteller Psychologie hervorhob und als erste auf die Ähnlichkeit des dynamischen Modells der Affekte von Sigmund Freud und des dynamischen Modells der Vorstellungen von Johann Friedrich Herbart hinwies.
In der Zweiten Polnischen Republik wurde Ludwika Karpinska-Woyczyńska 1920 zur Direktorin des Städtischen Psychologischen Labors in Lodz ernannt. Von da an lag ihr Schwerpunkt auf der psychologischen Diagnostik von Kindern und Jugendlichen und der Entwicklung psychologischer Eignungstests. Ab 1928 lehrte sie als Professorin für Angewandte Psychologie an der neu gegründeten Lodzer Filiale der Freien Polnischen Hochschule und leitete dort das Institut für Psychotechnik. Außerdem gehörte sie der Redaktion der Zeitschrift Psychotechnika an.
1930 ging Ludwika Karpińska-Woyczyńska in den Ruhestand und lebte mit ihrem Mann in Warschau, wo dieser Leibarzt von Marschall Józef Piłsudski war. 1935 wurde sie wegen Verdachts der Spionage für die UDSSR verhaftet - vermutlich wegen ihrer Kontakte zu russischen Psychiatern und Psychotechnikern -, wurde aber mangels Beweisen wieder frei gelassen. (Artikelanfang)
Die lettische Ärztin und Psychoanalytikerin Feiga Kramer stammte aus Riga. Vermutlich hörte sie wie Berta Bers in den 1920er Jahren die Vorlesungen des Schweizer Pädagogen und Psychoanalytikers Ernst Schneider, der bis 1928 an der Universität Lettland in Riga lehrte. Sie absolvierte ihre psychoanalytische Ausbildung Anfang der 1930er Jahre in Deutschland am Berliner Psychoanalytischen Institut und machte eine Lehranalyse bei dem Freudomarxisten Otto Fenichel. Während dessen Besuche in Riga ließ sie ihre Fallanalysen von ihm supervidieren.
1934 wurde Feiga Kramer Mitglied der Dansk-Norsk Psykoanalytiska Förening (DNPF), zu deren Vorstand Fenichel nach seiner Emigration nach Oslo gehörte. Sie selbst war nur selten in Oslo, und ihr Einführungsreferat Analyse einer schweren Zwangsneurose wurde von Fenichel vorgetragen. Ende 1934 gehörte zu den Mitgliedern der DNPF, die sich für die Mitgliedschaft von Wilhelm Reich in der Vereinigung aussprachen.
Gemeinsam mit Berta Bers versuchte Feiga Kramer ab 1933 in Riga einen psychoanalytischen Zirkel aufzubauen, wobei Fenichel sie während seiner Besuche zwischen 1933 und 1935 unterstützte, bevor er nach Prag emigrierte. Ihre Bemühungen waren jedoch zum Scheitern verurteilt, da, wie Fenichel 1935 berichtete, jüdische Analytiker in Riga politisch verfolgt wurden. Während Berta Bers nach New York emigrierte, blieb Feiga Kramer in Riga und wurde dort während der deutschen Besatzungszeit vermutlich ermordet. (Artikelanfang)
Die jugoslawische Kinderärztin und Psychoanalytikerin Ljiljana Milosavljević wurde in Belgrad geboren. Dort absolvierte sie ein Medizinstudium und ein Studium an der Musikakademie und spezialisierte sich danach auf die Pädiatrie. Sie arbeitete im Medizinisch-pädagogischen Beratungszentrum [Medicinsko-pedagoškog savetovališta] in Belgrad, das von dem Kinderpsychiater und Psychoanalytiker Vojin Matić 1953 gegründet und bis 1963 geleitet wurde. Während dieser Zeit begann sie bei Matić eine Lehranalyse, zog dann aber nach Zagreb und beendete sie bei Stjepan Betlheim, dem Pionier der kroatischen Psychoanalyse, der seit 1953 Direktmitglied der IPA war. Nach Schließung des Beratungszentrums wechselte sie an das Institut für Mutter und Kind [Instituta za majku i dete] in Belgrad, wo sie 1963 die erste psychotherapeutische Beratungsstelle an einer Kinderklinik gründete.
1990 gehörte sie wie Milica Jojić-Milenković und Tamara Štajner-Popović zu den Gründungsmitgliedern der Belgrader Gesellschaft zur Entwicklung der Psychoanalyse [Beogradsko društvo za razvoj psihoanalize], aus der 1996 die Belgrader IPA-Studiengruppe [Beogradske psihoanalitičke studijske grupe] und 2003 die Belgrade Psychoanalytical Society [Beogradsko psihoanalitičko društvo] hervorging. 1999 wurde Ljiljana Milosavljević Direktmitglied der IPA. Schwerpunkte ihrer Arbeit waren Agoraphobie und Psychosomatik bei Kindern. (Artikelanfang)
Die rumänische Psychoanalytikerin Brîndușa Orășanu (Brindusa Petrescu) besuchte das Gymnasium in Suceava im Nordosten Rumäniens und studierte anschließend von 1981 bis 1988 Biochemie an der Polytechnischen Universität Bukarest. 1990 wechselte sie zur Psychologie und studierte dieses Fach an den Universitäten Bukarest (Abschluss 1995) und Paris 7-Diderot, wo sie 2002 bei Jacques André in Psychopathologie fondamentale et Psychanalyse zum Dr. phil. promovierte. Ihre Dissertation über projektive Identifikation erschien 2004 in französischer (L'identification projective. Les enigmes d'un concept), 2005 in rumänischer (Biografia unui concept. Identificarea proiectivă) und 2016 in englischer Sprache (Projective Identification and Narcissism in the Psychoanalyst's Theory and Clinical Work).
Brîndușa Orășanu praktiziert seit 1991 als niedergelassene psychoanalytische Psychotherapeutin in Bukarest. 1997 wurde sie Direktmitglied der IPA mit dem Status einer Lehranalytikerin und Supervisorin der Societatea Psihanalitica Româna (SPR), die 2011 als Societatea Română de Psihanaliză (SRP) Provisorische und 2017 Komponent-Gesellschaft der IPA wurde. Sie ist Präsidentin der Ethikkommission der SRP und war 2007 Mitgründerin der verbandseigenen Zeitschrift Romanian Journal of Psychoanalysis.
Seit 2004 ist Brîndușa Orășanu außerordentliche Professorin für Psychoanalytische Psychopathologie an der Universität Titu Maiorescu in Bukarest. Darüber hinaus ist sie assoziiertes Mitglied der Unité Transversale de Recherche Psychogenèse et Psychopathologie (UTRPP) an der Universität Paris 13 (seit 2009) sowie des Centre de Recherches Psychanalyse, Médecine et Société (CRPMS) an der Universität Paris 7 (seit 2014). (Artikelanfang)
Tatjana Nikolaevna Pushkaryeva [Pushkarova], eine Pionierin der ukrainischen Psychoanalyse, wurde in Kasachstan in Russland geboren. Ihr Vater Nikolai Pushkarev war als Chefingenieur am Bau von Kraftwerken in der UDSSR beteiligt, ihre Mutter war Kardiologin. Tatjana Pushkaryeva schloss in Stawropol ein Medizinstudium ab, promovierte zum Dr. med. und spezialisierte sich in Moskau, St. Petersburg und Kiew als Psychotherapeutin, Psychiaterin und Kinderpsychiaterin. 1986 zog sie nach Kiew und wurde wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Psychosomatik und Psychotherapie [Центра психосоматики и психотерапии] am Institut für Pädiatrie, Geburtshilfe und Gynäkologie der Ukrainischen Nationalakademie für Medizinische Wissenschaften.
Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt sie an dem 2002 gegründeten Han Groen-Prakken Institute for Eastern Europe (PIEE) in Amsterdam. 2007 wurde sie Direktmitglied der International Psychoanalytical Association (IPA). Neben ihrer Praxis als Psychoanalytikerin für Erwachsene und Kinder in Kiew widmete sie sich dem Aufbau ukrainischer psychoanalytischer Institutionen und deren internationaler Verankerung. So gehörte sie 2010 zu den Gründer:innen der Ukrainian Association of Psychoanalytical Psychotherapy (UAPP) [Украинская ассоциация психоаналитической психотерапии (УАПП)] und war Gründungsmitglied und seit 2016 Lehranalytikerin der Ukraine Psychoanalytic Society (Study Group) [Украинского Психоаналитического Общества (УПО)]. Auch in der UAPP war sie als Lehrtherapeutin und Supervisorin tätig.
Tatjana Pushkaryeva beteiligte sich an zahlreichen Forschungsprojekten der IPA, European Psychoanalytical Federation (EPF), PIEE und anderer internationaler Organisationen. Unter anderem war sie seit 2013 Koordinatorin und Supervisorin des ukrainisch-britischen Projekts zur psychischen Gesundheit von Säuglingen nach dem Tavistock-Konzept der
Infant Observation.
2019 heiratete Tatjana Pushkaryeva den italienischen Psychiater und Psychoanalytiker Paolo Fonda (*1942) und zog zu ihm nach Triest. Ein Jahr später kam sie bei einem Bergunfall in den Julischen Alpen ums Leben. (Artikelanfang)
Die estnische Psychiaterin und Psychoanalytikerin Erika Saluveer führte die ursprünglich in skandinavischen Ländern angewendete integrative Behandlung von Erstepisoden-Psychosen in Estland ein. Sie ist seit 1999 Leiterin der Abteilung IX der Psychiatrischen Klinik am Nordestnischen Regionalkrankenhaus Põhja-Eesti Regionaalhaigla, wo Patienten in der ersten Episode ihrer Psychose von einem multidisziplinären Team behandelt werden, das aus einem Psychiater, einem Psychologen und einer psychiatrischen Krankenschwester besteht. Auch die Angehörigen werden von Anfang an miteinbezogen.
Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt Erika Saluveer zwischen 2000 und 2004 in Finnland bei der Suomen Psykoanalyyttinen Yhdistys. Sie wurde Direktmitglied der International Psychoanalytical Association und gehörte 2004 zu den Gründer:innen der ersten psychoanalytischen Gesellschaft in Estland, der Eesti Psühhoanalüütiline Selts (EPAS). Sie ist Mitglied, Lehranalytikerin und ehemalige Präsidentin der 2016 offiziell gegründeten Eesti-Läti Psühhoanalüütiline Selts (ELPS) [Estonian-Latvian Psychoanalytical Society].
Erika Saluveer führt eine psychotherapeutische Privatpraxis in Talinn. Seit 1979 ist sie mit dem estnischen Dirigenten und Musikpädagogen Aarne Saluveer (*1959) verheiratet und hat zwei Söhne, Sten Kristjan und Karl. (Artikelanfang)
Die rumänische Psychologin und Psychoanalytikerin Vera (Veronica) Şandor schloss 1975 ihr Psychologiestudium an der Universität Bukarest ab. Anschließend arbeitete sie bis 1989 als Klinische Psychologin in der Kinderklinik "23 August" und der Psychiatrischen Klinik "Dr. Gheorghe Marinescu" in Bukarest. Nach einer Analyse bei Eugen Papadima, der die psychoanalytische Ausbildung im kommunistischen Rumänien klandestin aufrechterhielt, führte sie psychoanalytische Psychotherapien mit Kindern und Eltern durch.
1990 gehörte Vera Şandor zu den Gründungsmitgliedern der Societatea Psihanalitica Româna (SPR). Noch im gleichen Jahr ging sie nach Frankreich, wo sie eine weitere Analyse machte und von 1991 bis 1998 eine reguläre Ausbildung bei der Société Psychanalytique de Paris (SPP) absolvierte. 1992 graduierte sie bei Jean Laplanche am Centre de Recherches en Psychanalyse et Psychopathologie der Universität Paris 7. Zurück in Bukarest, war sie von 1993 bis 2003 Dozentin an der Universität Titu Maiorescu.
Vera Şandor ist seit 1994 Direktmitglied der IPA, seit 1997 mit dem Status einer Lehranalytikerin und Supervisorin der Societatea Psihanalitica Româna (SPR), ab 2000 Societatea Română de Psihanaliză (SRP). Dreimal war sie Präsidentin der SPR/SRP (1993-1995, 2000-2002 und 2008-2009), und 2007 war sie Mitgründerin der SRP-Zeitschrift Romanian Journal of Psychoanalysis.
Sie ist Mitglied der SPP und der European Society of Child and Adolescent Psychoanalysis sowie der Asociația Psihologilor din România. Außerdem ist sie Präsidentin der Fundaţia Generaţia, eines Ausbildungs- und Interventionszentrums in Bukarest für die psychoanalytische Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen, und leitet den stiftungseigenen Verlag. Neben zahlreichen Publikationen zu psychoanalytischen Themen beteiligte sie sich auch an der rumänischen Übersetzung von J. Laplanches und J.-B. Pontalis' Vocabularul psihanalizei (1994). (Artikelanfang)
Die serbische Kinderanalytikerin Tamara Štajner-Popović wurde in Belgrad in eine jugoslawisch-jüdische Familie geboren. Ihre Eltern waren während des Zweiten Weltkriegs in Amsterdam und Budapest in der illegalen jüdischen Widerstandsbewegung aktiv. Sie studierte Klinische Psychologie an der Universität Belgrad und spezialisierte sich in den 1970er Jahren bei dem Kinderpsychiater Vojin Matić in der Psychopathologie von Kindern und Jugendlichen. Bei Matić, Lehranalysand von Nikola Šugar, dem Pionier der serbischen Psychoanalyse, absolvierte sie auch ihre Lehranalyse.
Ihr Versuch, Ende der 1970er Jahre die Psychoanalyse an der Universität Belgrad mit einem Aufbaustudium im Fach Psychologie zu etablieren, wurde von der Kommunistischen Partei unterbunden. Erfolgreicher waren ihre Bemühungen zur Institutionalisierung der Psychoanalyse in Serbien in den 1980er Jahren, wobei sie von Han Groen-Prakken, der Präsidentin der Europäischen Psychoanalytischen Föderation unterstützt wurde. 1990 initiierte Štajner-Popović die Gründung der Belgrader Gesellschaft zur Entwicklung der Psychoanalyse / Beogradsko društvo zarazvoj psihoanalize, und 1995 wurden Štajner-Popović, Vojin Matić und weitere serbische Psychoanalytiker:innen als Direktmitglieder in die International Psychoanalytical Association (IPA) aufgenommen. Tamara Štajner-Popović war die erste Lehranalytikerin und Präsidentin der 1996 gegründeten Belgrader IPA-Studiengruppe Beogradske psihoanalitičke studijske grupe, die 2003 den Status einer Provisorischen Gesellschaft und 2007 als Belgrade Psychoanalytical Society / Beogradsko psihoanalitičko društvo (BPD) einer Komponentgesellschaft der IPA erhielt.
Tamara Štajner-Popović engagierte sich für die Etablierung der Psychoanalyse in den osteuropäischen Ländern auch als stellvertretende Ausbildungsleiterin des Han Groen-Prakken Psychoanalytic Institute for Eastern Europe (PIEE) sowie als Ko-Vorsitzende des IPA-Komitees für neue Gruppen (ING). Einen Schwerpunkt ihrer Publikationen bildet die transgenerationale Weitergabe traumatisierender Erfahrungen infolge der ethnischen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien und deren Auswirkung auf die Identitätsentwicklung von Kindern. (Artikelanfang)
Die rumänische Psychologin und Psychoanalytikerin Irena Talaban (Talaban Andrucovici; Talaban Lelong) wurde in Craiova im Südwesten Rumäniens geboren. Sie schloss 1974 ihr Psychologiestudium an der Universität Bukarest ab und arbeitete anschließend bis 1989 als klinische Psychologin in der psychiatrischen Abteilung des Berceni-Krankenhauses und in der Psychiatrischen Klinik "Dr. Gheorghe Marinescu" in Bukarest. Sie machte eine Analyse bei Eugen Papadima, der in den 1970er und 1980er Jahren die psychoanalytische Ausbildung im kommunistischen Rumänien klandestin aufrechterhielt. 1990 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der der Societatea Psihanalitica Româna (SPR), die 2017 als Societatea Română de Psihanaliză (SRP) Komponentgesellschaft der IPA wurde.
1990 ging sie nach Frankreich, wo sie an der Universität Paris 8 Klinische Psychologie und Psychopathologie studierte und sich gleichzeitig in Ethnopsychiatrie spezialisierte. 1998 promovierte sie bei Tobie Nathan mit einer Arbeit über das Umerziehungsexperiment der Securitate mit politischen Gefangenen in Pitești. Ihre Doktorarbeit wurde 1999 als Buch veröffentlicht unter dem Titel Terreur communiste et resistance culturelle. Les arracheurs de masques.
Irena Talaban arbeitet in Lille als Psychotherapeutin in den Beratungszentren "Antonin Artaud" und "Alfred Binet". Sie lehrt an der Fakultät für Psychologie der Université Catholique de Lille und gehört dem Lehrkörper des ethnopsychiatrischen "Centre Georges Devereux" in Paris an. Sie ist außerdem Mitglied der Psychoanalytiker-Vereinigung Bibliothèque freudienne de Lille. Neben ihren psychologischen und psychoanalytischen Artikeln in Fachzeitschriften hat sie auch Kurzprosa und Essays in verschiedenen rumänischen Zeitschriften veröffentlicht und ist Mitglied der Uniunii Scriitorilor din România. (Artikelanfang)
Frieda (auch: Frida) Teller wurde in Prag geboren als Tochter des jüdischen Buchhändlers Wilhelm Teller und seiner Frau Lucie geb. Abeles. Nach der Reifeprüfung am deutschen Mädchengymnasium in Prag war sie von 1908 bis 1913 Gasthörerin an der Philosophischen Fakultät der Prager Karls-Universität und besuchte Vorlesungen in Germanistik, Anglistik, Romanistik, Kunst- und Musikgeschichte, Geschichte und Pädagogik.
Von 1914 an verfasste sie regelmäßig Rezensionen für die Literaturzeitschrift Euphorion. 1917 erschien in der psychoanalytischen Zeitschrift Imago ihre vielzitierte Arbeit Musikgenuß und Phantasie, in der sie die Beziehung von Musik und Seelenleben am Beispiel Goethes und Jean Pauls aufzeigte. Frieda Teller vertrat die These, dass Musik die psychische Zensur aufhebt und den verdrängten Wunschphantasien eine Phantasiebefriedigung erlaubt. Musik stelle daher eine Äußerungsform des seelisch Unterdrückten dar, vergleichbar dem Traum, der Fehlhandlung und dem neurotischen Symptom.
1920 wurde die in Prag lebende Frieda Teller ordentliches Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV). In den 1920er Jahren hielt sie zahlreiche Vorträge, z. B. über Die Wechselbeziehung von psychischem Konflikt und körperlichem Leiden bei Schiller (1920), Psychoanalytische Beobachtungen bei Schiller (1921), Übertragungen in der Analyse (1923) und Libidoentwicklung und Artumwandlung (1925). In ihren pathographischen Studien über Friedrich Schiller hob sie hervor, dass dessen künstlerische Sublimierungsarbeit missglückt sei und er nur im Kompromisssymptom der tödlichen Krankheit eine Durchsetzung und zugleich Abwehr der unbewussten libidinösen Strömung erreichen konnte.
Im Dezember 1926 erklärte Frieda Teller ihren Austritt aus der WPV. Da sie sich in ihren Arbeiten häufig auf Otto Rank bezog, könnte ihr Austritt mit dem Bruch zwischen Rank und Sigmund Freud zusammenhängen. Es ist unklar, ob sie in den 1930er Jahren Kontakt zur Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft hatte, noch ob sie als Psychoanalytikerin praktizierte.
Im September 1942 wurde Frieda Teller von Prag nach Theresienstadt verschleppt und im gleichen Monat in das Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert und dort ermordet. (Artikelanfang)
Die Nervenärztin Millija "Milly" Vosviniek stammte aus Lettland, wo sie in den 1920er und 1930er Jahren die erste und bekannteste Vertreterin der Psychoanalyse war. Ihre psychoanalytische Ausbildung erhielt sie am Berliner Psychoanalytischen Institut, vermutlich war der in Riga geborene Felix Boehm ihr Lehranalytiker. Sie beteiligte sich in Berlin und in Wien an den Sitzungen, Kursen, Seminaren und Vortragsabenden der psychoanalytischen Vereinigungen, bevor sie nach Lettland zurückkehrte.
Millija Vosviniek eröffnete in Riga eine psychoanalytische Praxis und hielt Vorträge für Lehrer über Psychoanalyse und psychoanalytische Erziehung, außerdem Radiovorträge für ein breiteres Publikum. Wie der Schweizer Psychoanalytiker Ernst Schneider, der in den 1920er Jahren an der Universität Riga lehrte, trug sie dazu bei, dass das Interesse an Sigmund Freuds Lehre in Lettland damals rasch zunahm. Eines ihrer Themen war die Beziehung zwischen Charaktereigenschaften und Körperbau. Bevor sie mit ihren wissenschaftlichen Mitteilungen die Mitgliedschaft in der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft erwerben konnte, starb sie im Alter von dreißig Jahren an einer rapid verlaufenden Tuberkulose. (Artikelanfang)
Die polnische Psychoanalytikerin Katarzyna Walewska wurde in Wrocław [Breslau] geboren als Tochter des Rechtsanwalts Franciszek Longchamps de Bérier und seiner Frau Leonillą Siemieńską. Sie studierte Psychologie in Warschau und Breslau. Ihr Interesse für die Psychoanalyse wurde Anfang der 1970er Jahre geweckt, als sie im Osrodek Psychoterapii in Rasztów bei Warschau arbeitete, dem ersten psychoanalytisch orientierten Psychotherapie-Zentrum in Polen. Ein Praktikum im Centre familial des Jeunes in Vitry bei Paris, wo ihr Landsmann Stanislaw Tomkiewicz mit straffälligen und psychotischen Jugendlichen arbeitete, bestärkte sie in ihrer Berufswahl.
Sie begann eine Lehranalyse bei Jan Malewski in Warschau, die sie 1976 in Paris bei Monique Cournut am Institut der Société Psychanalytique de Paris (SPP) fortsetzte und 1989 abschloss. Im gleichen Jahr wurde sie Direktmitglied der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV). 1991 gründete sie das Instytut Psychoanalizy i Psychoterapii (IPP), dessen langjährige Präsidentin sie war. Katarzyna Walewska ist Mitglied der SPP und der 1997 gegründeten Polnischen Psychoanalytischen Gesellschaft Polskie Towarzystwo Psychoanalityczne (PTPa). Sie ist Lehranalytikerin und Supervisorin am IPP, außerdem Chefredakteurin von Dialogi, der seit 1996 erscheinenden Zeitschrift des IPP. 2000 promovierte sie an der Universität Breslau über die psychoanalytische Behandlung von Depressionen und lehrte von 2004 bis 2014 Psychoanalyse am Institut für Psychologie der Universität Warschau.
Katarzyna Walewska entwickelte für die Arbeit mit Kindern eine analytische Psychodrama-Technik mit Klavier, die sie 2009 auf dem IPV-Kongress in Chicago vorstellte (Pomiedzy kozetka a pianinem [Zwischen Couch und Piano]): Das Klavierspiel schafft einen zusätzlichen nicht-verbalen Raum für einen gleichzeitig narzisstischen und objektbezogenen, aber auch präverbalen Dialog. In ihrem jüngst erschienenen Buch Progi Narodzin gibt sie einen Überblick über verschiedene theoretische Konzepte der Psychoanalyse, insbesondere der französischen und hier vor allem den Ansatz von André Green, und beschreibt deren Umsetzung in der klinischen Praxis. Das Buch enthält auch ihren Aufsatz Terapia psychoanalityczna w Polsce zur Geschichte der Psychoanalyse in Polen.
Katarzyna Walewska war in erster Ehe mit Michał Nawrocki, in zweiter mit Andrzej Walewski (*1947) verheiratet. (Artikelanfang)